30.09.2015

Ringelnatter gegen Erdkröte: Verhoben, oder den Mund etwas zu voll genommen

Von Jürgen Heimann, Rotorman‘s Blog

Nein, das sind keine Jagdszenen aus den schlangenverseuchten Sümpfen des Amazonasgebiets, sondern solche, die sich direkt vor unserer Haustüre abgespielt haben. Der des Medenbacher Naturfotografen  Hans-Günter Schäfer.  Angesichts dessen, was sich da im Langenaubacher Weg  direkt unter seinen Augen ereignete, mochte der Mann selbigen nicht trauen. 

Da hatte eine Ringelnatter den Mund im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich voll genommen und sich eine Erdkröte, deren Umfang um ein Vielfaches größer war als der eigene, als Abendessen auserkoren – aber sich damit wohl etwas verhoben. Nun sieht man diese scheuen, ungiftigen und  streng geschützten Reptilien hier zu Lande nur äußerst selten. Und wenn, dann meist nur für wenige Augenblicke. Dann sind sie schon wieder abgetaucht und verschwunden. In dem aktuellen Fall dauerte das dramatische Schauspiel, das sich dem staunenden Fotografen wie auf dem Präsentierteller zeigte, aber mehr als zweieinhalb Stunden. Was insofern auch außer- und ungewöhnlich war, da Ringelnattern normalerweise tagaktiv sind, diese hier aber ihre Aktion in die späten Abendstunden verlegt hatte.

Fressen und gefressen werden: Wer letztlich als Sieger aus dem Duell hervorging, ist nicht bekannt. Die Erdkröte hielt wacker dagegen. Möglicherweise hat ihr die Fähigkeit, sich in Gefahrensituationen aufblasen zu können und dadurch ihr Körpervolumen beträchtlich zu erhöhen, das Leben gerettet.
Foto: Hans-Günter Schäfer

Die stattliche, fast ein Meter lange und ca. drei Zentimeter dicke Schlange erwies sich dabei als ziemlich hartnäckig und mochte trotz der scheinbaren Aussichtslosigkeit, die kapitale Beute doch noch überlisten und hinunterschlingen zu können, so schnell nicht aufgeben. Immer wieder versuchte das hungrige Schuppenkriechtier, die bereits sicher geglaubte Mahlzeit – Erdkröten stehen auf dem Speisezettel von Ringelnattern ganz oben – in einen Spalt zwischen der Treppe zu ziehen, wohl um sich dort ungestört daran gütlich zu tun. Vergebens.

Die Natur hat auch scheinbare wehrlose Kröten mit gewissen Verteidigungsmechanismen ausgestattet. In diesem Fall der Fähigkeit, sich in Gefahrensituationen aufzublasen und ihr Körpervolumen beträchtlich anschwellen zu lassen. Möglicherweise hat diese Strategie dem tapferen Froschlurch das Leben gerettet. Aber man kann nicht ganz sicher sein.  Als Schäfer nach Mitternacht noch einmal nach dem Rechten sehen wollte, war die Arena jedenfalls geräumt ….





24.09.2015

Jagdreform Hessen: Neues Bündnis fordert mehr Tierschutz

Wie im Koalitionsvertrag angekündigt hat die schwarz-grüne Landesregierung den Entwurf einer neuen Jagdverordnung vorgelegt, in der unter anderem die Jagd- und Schonzeiten in Hessen neu geregelt werden. Das im Juli dieses Jahres gegründete „Bündnis Jagdreform Hessen“ (BJH) unterstützt die Landesregierung in ihrem Bestreben, die hessischen Jagdverordnungen zu reformieren und in einer neuen Jagdverordnung zusammenzufassen. Der aktuell vorgelegte Entwurf geht den Bündnispartnern allerdings nicht weit genug. Im Rahmen der schriftlichen Anhörung hat das Bündnis in dieser Woche dazu Stellung genommen und an die Landesregierung appelliert, den Tierschutz vor jagdliche Freizeitinteressen zu stellen.

„Wir befürworten die Initiative der grünen Umweltministerin, die Jagdzeiten an wissenschaftliche und ökologischen Erkenntnisse anpassen zu wollen“ erklärt Mike Ruckelshaus von TASSO e.V., Mitbegründer des Bündnisses, „Dazu fordern wir eine jagdfreie Zeit von Januar bis September für alle Tiere, eine ganzjährige Schonzeit für Fuchs, Dachs, Waschbär und Co. und das Verbot der Fallenjagd.“

Das Eichhörnchen darf nicht gejagt werden, die Gefahr in eine Falle zu geraten ist dennoch gegeben.
Bild: Michael Mayer

Der vorliegende Entwurf einer Jagdverordnung ermöglicht es weiterhin, Tiere ohne Verwertungsgebot (als Nahrungsmittel) und ohne wissenschaftlich belegte ökologische Erfordernis zu töten.  Das ist weder im Sinne des Tierschutzgesetzes, noch entspricht es dem heutigen gesellschaftlichen Verständnis im Umgang mit Tieren. Füchse, Marderartige, Waschbären und auch Vögel werden in der Regel nicht verwertet. Auch aus ökologischer oder gar epidemiologischer Sicht  gibt es keinen Grund, diese Tiere zu jagen. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten und Praxisbeispiele belegen, dass insbesondere die Jagd auf Beutegreifer nicht zu einer nachhaltigen Bestandsreduzierung führt und entsprechend keine nachhaltige Auswirkung auf den Artenschutz hat.

Darüber hinaus fordert das Bündnis eine allgemeine Jagdruhe von Januar bis September. Eine entsprechende Schonzeitenregelung würde es Wildtieren ermöglichen, ihre Jungtiere ungestört von jagdlichen Störungen aufzuziehen. Im Winter könnten sie ihren Stoffwechsel und den Energieverbrauch an das reduzierte Nahrungsangebot anpassen. Weniger Jagd würde zudem die Scheu der Wildtiere reduzieren (Nationalpark-Effekt). Sie wären damit auch für Wanderer, Spaziergänger und Radfahrer wieder häufiger erlebbar.

Die Organisationen fordern darüber hinaus  ein Verbot tierschutzwidriger Jagdpraktiken. Demnach sollten Totschlagfallen, in denen Tiere häufig einen qualvollen Tod finden oder schwere Verletzungen erleiden, gänzlich verboten werden. Auch der Einsatz von Lebendfallen geht mit Stress und Leid für die Tiere einher und sollte nicht für jagdliche Zwecke, sondern nur im begründeten Einzelfall im Rahmen von Naturschutzprojekten erlaubt sein.

Seit 2002 ist der Tierschutz im Grundgesetz verankert und somit als bindendes Gut mit Verfassungsrang anzusehen. Das Bündnis weist daraufhin, dass es dringend einer grundlegenden Novellierung auch des hessischen Landesjagdgesetzes bedarf, um den Anforderungen des Tierschutzgesetzes gerecht zu werden. Tierschutzwidrige Jagdpraktiken, wie beispielsweise die Baujagd, die Beizjagd sowie die Jagdhundeausbildung am lebenden Tier bleiben nach den derzeitigen Plänen in Hessen weiterhin erlaubt.

Laut Koalitionsvertrag soll zumindest die Jagd auf Hunde und Katzen noch in dieser Legislaturperiode einer wissenschaftlichen Bewertung unterzogen und ggf. verboten werden. Baden-Württemberg sowie Nordrhein-Westfalen haben die Jagd auf Hunde und Katzen mit der Einführung der neuen Jagdgesetze bereits weitgehend verboten. Ein Verbot dieses feudalherrschaftlichen Relikts ist auch in Hessen längst überfällig.
+++

Das Bündnis Jagdreform Hessen (BJH) ist ein Zusammenschluss von neun Tier- und Naturschutzorganisationen:
animal public e.V.
Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V.
Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V.
ETN – Europäischer Tier- und Naturschutz e.V.
Landestierschutzverband Hessen e.V.
Menschen für Tierrechte, Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
PETA Deutschland e.V.
TASSO e.V.
Wildtierschutz Deutschland e.V.
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23.09.2015

Gesellschaftsjagd als Tötungs-Happening, Einladung des Ministerpräsidenten

Von Jürgen Heimann, Rotorman’s Blog, gekürzte Version

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke würde wohl kaum auf eine solche von zu viel  Zielwasser beflügelte Schnapsidee kommen. Und wenn doch, er müsste damit rechnen, geteert und gefedert zu werden. In Nauen war unlängst ein Liebespaar von einem Jäger unter Beschuss genommen worden, weil dieser es mit Rehen verwechselt hatte. Der Mann starb, die Frau wurde lebensgefährlich verletzt.


Bis in die Hessische Staatskanzlei hinein reicht das Entsetzen über diesen waidmännischen Super-Gau aber nicht. Daselbst hält Woidkes Amtskollege Volker Bouffier die Stellung. Und er hält nebenbei unverdrossen an seinem Plan fest, ausgesuchte, handverlesene Pirschgänger für den 4. November zu einer fidelen, zünftigen Gesellschaftsjagd nach Groß-Gerau einzuladen.

Eine beispiellose Instinktlosigkeit! Welche Rotte grunzender Schwarzkittel den blondierten Landesvater auch immer geritten habe mag, ein derartiges als Belustigung und Zeitvertreib inszeniertes und von der Landesregierung organisiertes Tötungs-Happening ist einfach ein Anachronismus. Damit hat der prominente CDU-Politiker im übertragenen Sinne einen ziemlich kapitalen Bock und sich selbst ins Knie geschossen.

„Solche Riten passen nicht mehr in die Zeit“  Hessen war, wie uns einst ein alter Polit-Slogan erfolgreich suggerierte, einmal vorne. Da ist man in Niedersachsen inzwischen schon etwas weiter. Das nördliche Flachland hat staatlich organisierte Gesellschaftsjagden längst auf den Index gesetzt, weil, so Landwirtschaftsminister Christian Meyer, „eine auf hochherrschaftlichen Riten aus der Kaiserzeit beruhende Jagd des jeweiligen Landesherrn nicht mehr in die jetzige Zeit passt”.

Die Grünen zum Jagen tragen  Aus selbiger scheint der Hessische Regierungschef aber gefallen. Und: Er trägt mit dieser Baller-Orgie ja ganz nebenbei auch seinen Koalitionspartner zum Jagen. Das von der Grünen Priska Hinz geführte Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sieht sich in diesen Tagen einem bisher nie dagewesenen Sperr- und Störfeuer der Hege-Front ausgesetzt. Und das zielt stellenweise weit unter die Gürtellinie. Die Landesjägerschaft hat Tollwut-gleich Schaum vorm Mund, weil ihr der Entwurf der neuen Landesjagdverordnung gegen den Strich und zu weit geht.

Das Papier dürfte aber nicht überraschend gekommen sein, da (auch) die Jägerschaft von Anfang an in die Beratungen eingebunden war. Unter anderem soll die Bejagung von Füchsen, Mardern, Rabenkrähen und Elstern eingeschränkt werden, während es für die Waschbären aber nach wie vor keine Schonung gibt. Und Lebend- und Totschlagsfallen bleiben ebenfalls legal. Dennoch: Im Endzeit-Szenario der Jäger ist der Frühling bereits verstummt und die Wild- und Graugänse, deren Zahl ins Unermessliche steigt, sind laut schnatternd dabei, ihre Diktatur über die Menschen zu errichten…
Bild: www.Abschaffung-der-Jagd.de

Kotau vor der mächtigen Jäger-Lobby   Jetzt vor dem Hintergrund dieser emotional-aufgeheizten Stimmung (-smache) regierungsseitig zu einer Gesellschaftsjagd zu bitten, zeugt nicht gerade von politischem Gespür. Es sei denn, der “Spaß” ist als Beschwichtigungs-Geste, ja als Kotau vor der mächtigen Jägerlobby zu verstehen: “Seht her, wir sind doch eigentlich auf Eurer Seite!” Das ist die CDU traditionell sowieso, auch weil sich in ihren Reihen überproportional viele Jäger tummeln.
Aber dass  bezeichnenderweise ausgerechnet Beamte jenes von einer Grünen geleiteten Ministeriums, das nun im Zentrum der Jägerkritik steht, mit der Organisation dieses fragwürdigen Events betraut wurden, ist fast schon grotesk. Vermutlich die Rache dafür, dass die Ökos in den seinerzeitigen Koalitionsverhandlungen durchgesetzt hatten, die ein oder andere Spitze im sehr großzügig gehaltenen Hessischen Jagdrecht zu brechen.
Umstritten, unpassend, geschmacklos  Solche Auswüchse, wie sie sich in Groß-Gerau abzeichnen, versteht die Hessische Landesregierung nun mal auch unter Natur- und Tierschutz – und unter Charity. Ja, richtig gelesen. Charity! Der Gipfel des Zynismus’ ist, dass die Bouffiers umstrittene Gesellschaftsjagd auch noch als Wohltätigkeits-Aktion verbrämt und “verkauft” wird. Schließlich ist der Reinerlös des Schlachtfestes für einen guten Zweck bestimmt. Im Rahmen des abschließenden “Schüsseltreibens” im feudalen 5-Sterne-Schlosshotel Kronberg (man gönnt sich ja sonst nix)  wird höflichst um eine Spende gebeten. Bestimmt ist sie für die Elly Heuss-Knapp-Stiftung. Sie ist Trägerin des Müttergenesungswerkes. Dafür müssen dann schon mal einige andere Mütter (und Väter) dran glauben. Aber es sind ja nur welche aus dem Tierreich…

Vollständiger Artikel auf Rotorman’s Blog

22.09.2015

Hessen-SPD: Bei der Jagd alles beim Alten belassen

Wie wir eben erfahren, hat die SPD Hessen beim Landtag beantragt, die Jagdzeiten in Hessen nicht zu ändern. Der Antrag ist unterzeichnet vom Fraktionsvorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel.

SPD Hessen will keine Einschränkungen bei der Jagd
Bild Fabien Gagnon

Das von den Grünen geführte Umweltministerium hat gem. Koalitionsvertrag einen Entwurf zur Hessischen Jagdverordnung erarbeitet. Daran beteiligt waren u.a. Vertreter des Tier- und Naturschutzes und der Jagd. Das Ergebnis ist nicht das, was wir uns als Tierschützer im Hinblick auf die Jagd wünschen, aber es kommt uns in einigen Punkten entgegen. So sollen die Jagdzeiten für Baummarder, Iltis, Hermelin und Mauswiesel ganz entfallen, für erwachsene Füchse wird eine Schonzeit eingeführt, die Jagdzeit für Rabenkrähen und Elstern soll verkürzt werden, Türkentauben und Graugänse sollen nicht mehr bejagt werden. Auch bei der Fallenjagd soll es Einschränkungen geben.

Diese Änderungen wären zumindest ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Denn Basis für die Jagdgesetzgebung dürfen nicht die Freizeitinteressen von einigen politisch gut vernetzten Lobbyisten sein, sondern fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse. Diesen scheint sich die SPD zu verweigern. Sie erwartet, „dass die möglichen Auswirkungen zu einem Ungleichgewicht innerhalb der hessischen Wildbestände mit Schäden in Natur und Forstwirtschaft führen.“ Davon kann schon deshalb keine Rede sein, weil die „Einschränkungen“ durch eine neue Jagdverordnung im Hinblick auf die Jagdstrecke nur einen sehr unbedeutenden einstelligen Prozentsatz betreffen.

Wir vermuten vielmehr, dass sich die SPD, die heute in der hessischen Koalition ihr Dasein fristet, zu Lasten der Tierwelt und auch zu Lasten der Menschen, welche auch Wildtiere als Teil der Natur wieder erleben möchten, profilieren will, um sich einer kleinen Gruppe von Ewiggestrigen anzubiedern.


20.09.2015

Füchse im Saarland: Landesregierung und Jägerschaft betreiben Desinformation der Öffentlichkeit

Von Dag Frommhold
Landesregierung und Jägerschaft verbreiten im Saarland derzeit Halb- und Unwahrheiten über den Rotfuchs. Ziel ist es vermutlich, die ohnehin schon auf vier Monate verkürzte Schonzeit für Meister Reineke weiter aufzuweichen und seine Bejagung vor den Augen einer kritischer werdenden Öffentlichkeit zu rechtfertigen.

Keine Bestandszunahme des Fuchses   So war in saarländischen Zeitungen sowie Online-Veröffentlichungen zu lesen, die Anzahl an Füchsen im Saarland habe erheblich zugenommen. Zur Begründung wurde auf ein Schreiben der saarländischen Landesregierung verwiesen, mit dem diese eine Anfrage der Grünen beantwortet hatte – darin wird ausgeführt, dass im Jagdjahr 2014/15 mit 3.351 Tieren doppelt so viele Füchse geschossen worden seien wie im Vorjahr. Verschwiegen wird dabei jedoch, dass auch diese Abschusszahlen unter dem langjährigen Durchschnitt liegen und etwa 2009/2010 sogar  4.701 Füchse getötet wurden.  Von einer Bestandssteigerung kann also keine Rede sein. Die Fuchsbestände im Saarland sind im Rahmen natürlicher Schwankungen als stabil anzusehen.

Bild: Berndt Fischer
Erkrankungen mit Hundebandwurm als „Fuchsbandwurm“ ausgegeben   Zudem dramatisiert die saarländische Landesregierung in ihrem Papier – aus Unkenntnis oder Vorsatz - die Gefahr des Fuchsbandwurms für den Menschen. Hier werden den aufgetretenen Fuchsbandwurmfällen (alveoläre Echinokokkose) kurzerhand Erkrankungen am Hundebandwurm (zystische Echinokokkose) zugeschlagen, wodurch sich die Fallzahl mehr als verdoppelt. Tatsächlich erkranken saarlandweit im Durchschnitt weniger als 0,5 Personen pro Jahr am Fuchsbandwurm; das sind weit weniger Menschen, als im selben Zeitraum durch Jagdunfälle zu Schaden kommen.

Zweifelhafte Quellen   Zu guter Letzt wird im Papier der Landesregierung behauptet, der Fuchs dezimiere ohne Bejagung „Niederwildbestände und bodenbrütende Arten“. Als einziger Beleg für diese Behauptung wird eine von der Landesjägerschaft Niedersachsen in Auftrag gegebene Literaturstudie mit zweifelhaftem Ruf erwähnt, die selektiv wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert. Die weit überwiegende Zahl der Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet kommt klar zu dem Ergebnis, dass bedrohten Arten nicht durch den Abschuss von Füchsen geholfen werden kann.

Inkompetenz oder gezielte Fehlinformation?   Eine derartige Häufung an Halb- und Fehlinformation legt zwangsläufig nahe, dass es sich hier nicht (nur) um Inkompetenz, sondern um eine gezielte Fehlinformation der Öffentlichkeit handelt. Die Jägerschaft – die durch jagende und jagdfreundliche Politiker in der Landesregierung großen Rückhalt besitzt – fordert die vollständige Abschaffung der Schonzeit für Meister Reineke schließlich bereits seit deren Einführung zu Zeiten der Jamaika-Koalition. Sie sollte aber so ehrlich sein, zuzugeben, dass es dabei nicht um wildbiologische oder epidemiologische Überlegungen geht, sondern schlichtweg um Jagdvergnügen.

Landesjagdverordnung Hessen - dem Tierschutz mehr Gewicht verleihen

Im Gespräch: Ursula Hammann, Die Grünen

Die naturschutzpolitische Sprecherin der Grünen verteidigt den umstrittenen Entwurf für eine neue Jagdverordnung und verurteilt die „unglaubliche Kampagne“ des Landesjagdverbandes Hessen gegen den Entwurf: „… es werden bewusst Unwahrheiten verbreitet, Fakten falsch dargestellt und Ängste geschürt.“

Weitere Zitate:

  • "Aber da sind eben auch solche [Jäger], für die die Jagd vor allem sportliches Vergnügen ist. Die fragen sich nicht, ob es wirklich notwendig ist, ein bestimmtes Tier zu schießen, denen geht es nur ums Töten oder das mit dem Jagdschein verbundene Prestige." 
  • "Aber es muss eine Rechtfertigung dafür geben, Leben zu vernichten. Sinnloses Töten oder Töten nur aus sportlichen Gesichtspunkten lehne ich absolut ab."
  • "Die Jagd kann kein Hobby sein."
  • "Auch der Landesjagdverband betreibt eine unglaubliche Kampagne, es werden bewusst Unwahrheiten verbreitet, Fakten falsch dargestellt und Ängste geschürt."
  • "Es ist daher bedauerlich, dass der Landesjagdverband eine solche massive Stimmungsmache betreibt und uninformierte Jägerinnen und Jäger mit Falschinformationen dazu bringt, aktiv zu werden."
  • FAZ: "Die Bestände der Graugans nehmen überhand." Hammann: "Nein. Das ist ebenfalls eine falsche Information des Landesjagdverbandes."
  • "Wenn das trotzdem geschieht [ein Jäger eine geschützte Art abschießt], wird das aber in den seltensten Fällen jemand mitkriegen. Der Jagdgenosse, der als Zeuge dabei ist, wird im Zweifelsfall schweigen."
  •  "... es hat keinen Sinn, Rabenvögel zu töten."
  • "Es hilft diesen Arten [Rebhuhn und Hase] auch nicht, wenn ihre vermeintlichen Feinde geschossen werden."
  • "Die Jäger sind es doch vielmehr, die ein solches Eigeninteresse haben."


Hammann: "Teile des Landesjagdverbandes glauben, ihnen gehören alle Tiere, die frei herumlaufen. Das kann nicht sein." Bild: Sandro & Bianka Pelli

Jagdverband: Spaziergänger sollten Warnkleidung tragen

Von Jürgen Heimann, Rotorman’s Blog gekürzte Version
Ich weiß ja nicht genau, wie locker unseren regionalen Waidmännern die Knarre im Futteral steckt, aber beim Studieren diverser, sich häufender Schreckensmeldungen aus allen Teilen Deutschlands kann einen schon mal ein mulmiges Gefühl beschleichen. Zumindest beim Betreten des Waldes, selbst wenn der nicht dunkel ist. Sollte er es sein, könnte man ja pfeifen. Hilft aber auch nicht immer. Wenn mich jemand, der über Kimme und Korn schielt, für einen Waschbären hält, habe ich denkbar schlechte Karten. Im freien Gelände ist das Risiko, ins Visier eines Schießwütigen zu geraten, ebenfalls latent.

Beide Lebensräume scheinen ziemlich heiße Pflaster zu sein. Feindesland. Im übertragenen Sinne “vermintes Terrain”. Voller Hinterhalte. Da mag hinter jedem zweiten knorrigen Baumstamm oder hinter jeder von Hecken umrandeten Bodensenke Unheil lauern, wenn nicht gar der Tod. Hier leben nicht nur die Tiere gefährlich, sondern auch die Menschen. Die Luft ist ganz schon bleihaltig und schrotkörnig geworden. Aber war sie das nicht schon immer?

Man/frau kann ja nie wissen, wie der Bewohner des Hochstandes rechts gerade drauf ist. So aber sollte er die Spaziergänger nicht mit Wild verwechseln können. Ich hätte aber meinem Hund auch noch eine Warnweste spendiert. Sicher ist sicher. Foto: Pixabay

Zugegeben, ich habe Probleme damit zu verstehen, warum bei uns in Hessen seit der Jagdsaison 2009/10 laut offizieller Jagdstatistik 1.442.016 Tiere abgeknallt werden oder in Todesfallen verrecken mussten (die Dunkelziffer mag hier deutlich höher liegen). Und ich glaube auch nicht an die Mär vom Umwelt-, Natur- und Artenschutz durch Kugel, Schrot und (Doppel-) Korn. Im Baller-Zeitraum 2013/14 waren es landesweit 265.445 tote Tiere, darunter 30.955 Füchse, 21.614 Waschbären, 5.500 in ihrem Bestand gefährdete Feldhasen und 10.429 Ringeltauben.

Tödlicher Irrtum: Liebespaar mit Reh verwechselt  Aber davon mal ganz abgesehen. Ein Liebespaar mit einem Reh zu verwechseln, dazu gehört schon was. Genau das ist einem übereifrigen, offenbar vom branchentypischen Fieber befallenen Nimrod unlängst im brandenburgischen Nauen passiert. Passiert ist seinen Opfern aber noch mehr. Der Mann im Fadenkreuz blieb auf der (Jagd-)Strecke: tot. Seine 23-jährige Freundin wurde lebensgefährlich verletzt.

Das kommt davon, wenn man/frau sich in einem Maisfeld zum Schäferstündchen trifft und es dabei krachen bzw. rascheln lässt. Seinen tragischen Irrtum bemerkte der Schütze erst, nachdem  er vom Hochsitz herabgestiegen war, um seine Beute in Augenschein zu nehmen. Wenigstens hat er sie nicht aufgebrochen….

In Sachsen-Anhalt traf es ein paar Tage später zwei Traktorfahrer, während in unmittelbarer Nachbarschaft eine Treibjagd auf Wildschweine im Gange war, in Lübeck eine Radfahrerin – und das jeweils im wahrsten Sinne des Wortes. Im Neckar-Odenwald-Kreis holte ein Jäger einen 12-Jährigen vom Beifahrersitz eines Maishäckslers – mit einem mehr oder weniger gezielten Schuss. Die Notärzte im Krankenhaus gaben ihr Bestes. Dem Jogger, den es im Januar in Detmold erwischt hatte, soll es inzwischen auch wieder gut gehen….

Fünf aktuelle Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit. Lediglich eine zufällige Häufung unglücklicher Zwischenfälle? Eher nicht. Solches ist seit Jahren die Regel, waidmännischer Alltag. Auch wenn Katja Ebstein schon 1974 kolportiert hat, dass im Leben so mancher Schuss daneben geht:  Häufig tut er das  zwar, häufig aber eben auch nicht. Und dann sitzt er oft genau im Ziel, wenn auch dem falschen.

Ernst, Kurt und Kevlarwesten Viele der Opfer sind ja zum Teil auch an dem ihnen widerfahrenden Unheil selbst schuld. Weil sie sich so gut tarnen. Wohl deshalb auch legt der Jagdverband Schleswig-Holstein Joggern und Spaziergänger inzwischen allen Ernstes (und Kurtes) nahe, vor Betreten des Waldes eine Warnweste anzulegen, wie das Flensburger Tageblatt in seiner Ausgabe vom 16. September berichtet. Das ist jetzt hoffentlich nicht als Zielmarkierung zu verstehen. Vielleicht meinte Verbandssprecher Marcus Börner ja aber tatsächlich keine Warn-, sondern beschusshemmende Kevlarwesten….

Ich selbst neige dazu, mir zusätzlich noch ein RKL-Blinklicht, also eine gelb strahlende Rundumkennleuchte an die Mütze zu schrauben. Auch wenn das bestimmt Sch.. aussieht: sicher ist sicher…Und ein kleines Martinshorn, in diesem Fall dürfte eine Hubertus-Tröte genau das Richtige sein, wäre auch nicht schlecht. Mein weiß ja nie. Für den Fall, dass der Schütze im Hinterhalt nicht nur was an den Augen, sondern auch etwas auf den Ohren hat. Waidmanns Heil!

Vollständiger Artikel auf Rotorman’s Blog

06.09.2015

Der Krähenskandal von Soest

Soest ist die Kreisstadt des gleichnamigen Kreises im Regierungsbezirk Arnsberg in Nordrhein-Westfalen. Seit 2010 versucht die Stadt ihre Saatkrähen-Kolonien zu vergrämen … verschwendet Steuergelder und scheint alles nur schlimmer zu machen. Es scheint, dass auch die Soester Presse den Mob gegen die Vögel anstachelt. In diesem Klima greifen Bürger zur Selbstjustiz, töten streng geschützte Saatkrähen und Dohlen … und die Stadt ist ratlos.

In Soest erschlagene Saatkrähe

Einer Person geht dieses grausame Spektakel sehr an die Nerven, und Sie setzt sich für die Vögel ein. Elvira, die seit geraumer Zeit an einem schweren Krebsleiden erkrankt ist, setzt sich mit den letzten noch ihr zur Verfügung stehenden Kräften gegen diese barbarische Vogeljagd in Soest ein. Denn die an Krebs erkrankte Frau meint: Was haben denn nur die Vögel den Bürgern von Soest getan, dass man Jagd auf sie macht? Sie kann nicht verstehen, warum diese Vögel sterben müssen und warum sich keiner dieses Themas annimmt. Elvira ist der Vorfall nicht nur aufgefallen, sondern sie filmt und dokumentiert die Vogeljagd, denn sie wie viele andere können diese schreckliche Grausamkeit einfach nicht verstehen.

Viele Bürger rechtfertigen die Vogeljagd damit, dass die Vögel laut sind und überall ihre Hinterlassenschaften fallen lassen. Aber es sind nun einmal Vögel, und diese gehören zu unserer Tierwelt und zu unseren Stadtbildern. Selbst Jungvögel werden nicht von der Jagd ausgeschlossen. Man will den Dohlen und Krähen ans Gefieder. Dohle, Krähe, Ringeltaube und Co., kein Vogel wird ein Junges mehr aufziehen. Bürger sprechen sich unter einander zur Vogeljagd ab. An der Wallburger Unterführung im Clarenbachpark treffen sich genervte Bürger, um dann auf die Suche nach Jungvögeln zu gehen.

So kämpft Elvira nicht nur gegen ihren Krebs, sondern auch gegen die Vogeljäger. Beides sind harte Kämpfe, die diese Frau austragen muss. Aber die Tiere liegen ihr am Herzen, und so wird Elvira weiter kämpfen. Nur selten schafft es Elvira, einem verletzten Vogel zu helfen. Oft kommt jede Hilfe zu spät, denn dann waren die Vogeljäger leider schneller.


05.09.2015

Mäuseplage: Umweltministerien nehmen die Vergiftung von geschützten Tierarten in Kauf

Petition hier unterzeichnen 
Vielen Dank an Tina Langenbeck von der Hundeschule Erbach für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Petition

Zum 1. September 2015 wurde vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Erlaubnis erteilt in Hessen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen das Mäusegift Chlorphacinon auf landwirtschaftlichen Flächen offen auszustreuen. Die „Notfallzulassung“ wurde mit Ernteausfällen begründet. Das Pestizid mit dem Wirkstoff Chlorphacinon ist in der EU seit 2007 wegen seiner hohen Toxizität und der damit verbundenen  Gefahren für die Tierwelt verboten. In den Jahren 2012 und 2013 sind solche Maßnahmen bereits genehmigt gewesen, der Notfall scheint somit eher zur Regel zu werden, denn erhöhte Feldmäusepopulationen gibt es etwa alle drei bis fünf Jahre.

Nicht nur Mäuse sind Opfer dieses Giftes, auch Feldhamster oder Igel nehmen das Gift direkt auf. Alle Tiere, die in der Nahrungskette höher stehen, wie zum Beispiel Greifvögel, Füchse, Marder, auch unsere Haustiere Katzen und Hunde, nehmen das Gift indirekt auf und können sich so vergiften. Entsprechende Studien aus Großbritannien, Schottland, Dänemark und Deutschland liegen uns dazu vor. Durch die Aufnahme von Chlorphacinon wird die Blutgerinnung gehemmt, die Tiere verbluten innerlich. Die Wirkung tritt erst einige Tage nach Aufnahme des Giftes ein.

Opfer des Mäusegifts werden auch Greifvögel sein
Bild: www.berndtfischer.de

Dabei wäre all dies möglicherweise nicht nötig, würde man zum einen weniger Pflanzengift in der Landwirtschaft einsetzen, die Felder regelmäßig pflügen, strukturgebende Hecken zulassen, die natürlichen Feinde der Mäuse nicht jagen (jedes Jahr werden über 500.000 Füchse und Marderartige durch Jäger getötet) und insbesondere Greifvögel in den meist strukturarmen landwirtschaftlich genutzten Landschaften durch zahlreiche Sitzstangen unterstützen.

Im Rahmen unserer Petition fordern wir
… das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf, die Erlaubnis zum Einsatz von Chlorphacinon unverzüglich zurückzunehmen.
… die Landwirtschafts- bzw. Umweltministerien der Länder auf, den Einsatz des Mäusegifts in der Landwirtschaft unverzüglich zu unterbinden.
… die Landwirtschafts- bzw. Umweltministerien der Länder auf, „giftfreie“ Strategien gegen die Entwicklung von zyklisch hohen Mäusebeständen zu erarbeiten.