31.08.2010

"Jagdkultur" - Vorabdruck aus "Fluch der Geburt"

Nach "Totentanz der Tiere" erscheint im Herbst "Fluch der Geburt" von Dr. Gunter Bleibohm (pro iure animalis). Als Vorabdruck hier Bleibohm's Gedanken zum Begriff "Jagdkultur":


Wir kennen verschiedenste Ausprägungen des Kulturbegriffes. Kultur im Allgemeinen bezeichnet all das, was vom Menschen selbst hervorgebracht wird sowie geistige Konstrukte, wie Recht, Moral, Religion, Ethik etc.

Der Begriff "Kultur" beinhaltet darüber hinaus nicht nur deskriptive, also beschreibende Komponenten sondern auch normative Bestandteile. Normative Bestandteile umfassen Hinweise, wie oder was etwas sein soll, Zielvorstellungen einer wünschenswerten Situation, Zielvorstellungen eines erstrebenswerten Zustandes, also beispielsweise Gewaltfreiheit.

Gewalt als erstrebenswerter Zustand würde demnach als "Kultur der Gewalt" zu bezeichnen sein, im allgemeinen Sprachverständnis eine ins Negative gerichtete Umkehrung des Begriffs bedeuten, also eine Un-Kultur, eine Nicht-Kultur beschreiben.

Völlig persifliert, sarkastisch verdreht und missbraucht würde demnach der Kulturbegriff im Zusammenhang mit Mord, Abschlachten, Töten, Massenvernichtung. Das Abendland hat es bislang auch streng vermieden, von einer Kultur der Erschiessungskommandos, der Henker, der Heckenschützen, der Täuscher und Heimtücker zu sprechen - bis auf eine Ausnahme: man spricht gelegentlich von "Jagdkultur".

Das sympathische Logo von www.pro-iure-animalis.de 

"Jagdkultur" ist aber nach Vorstehendem ein Widerspruch in sich, eine logische Unmöglichkeit, eine Perversion der sprachlichen Vernunft. "Jagdkultur" ist die Un-Kultur, die Nicht-Kultur par excellence. Jagd, mit seinen Hauptkomponenten Töten, gemeinschaftlich aus Freizeitvergnügen Tiere hinzurichten, ahnungs- und arglosen Wildtieren heimtückisch aufzulauern, kann folglich mit Kultur weniger in Einklang stehen, als Feuer mit Wasser, als Tag mit Nacht.

Solange sich noch kein Protagonist von Abartigkeiten dazu versteigt, von einer Kultur der Scharfrichter, der Kopfschlächter, der Robbenmörder u.ä. zu sprechen, solange muss das Wort  „Jagd" in Verbindung mit dem Wort „Kultur" mit dem Bann, dem Anathema der Verachtung belegt sein; „Jagdkultur" bedeutet letztendlich die Exkommunikation aus dem Kreis jeglicher ethischen Kultur und kann allenfalls als Synonym und zur Verdeutlichung einer verabscheuungswürdigen „Sub-Kultur" herangezogen werden.

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29.08.2010

Offener Brief - Bundeswehr zur Wildschweinjagd

Sehr geehrter Freiherr zu Guttenberg, sehr geehrter Herr Bundesminister!

Ihr Kollege Norbert Schindler (CDU), MdB und Präsident der Bauern der Pfalz, bereichert das Sommertheater durch den Vorschlag, die Bundeswehr künftig in der Landwirtschaft einzusetzen. Konkret geht es ihm um den Kampf gegen das Schwein, das Wildschwein wohlbemerkt - denn das Hausschwein hat dank der industrialisierten Landwirtschaft schon lange nichts mehr zu melden.

Hinter-grund: In diesem Jahr machten den Landwirten nicht nur das Wetter, sondern auch die gefräßigen Wild-schweine zu schaffen. Die vom Schwarzwild verursachten Schäden hätten die Ernte zusätzlich verzögert, heißt es in einer Meldung von N-TV. Neben den eigentlichen Schäden in den landwirtschaftlichen Kulturen blieben auch Mähdrescher immer wieder im Boden stecken, der von den Schweinen aufgewühlt wurde.

Nun, in Afghanistan werden unsere Truppen nicht ewig bleiben können - warum also nicht mit gepanzertem Gefährt, Maschinengewehren, Hubschrauber-Unterstützung und Infrarot-Wärmemessgeräten in den rheinland-pfälzischen Acker? Neben dem Schwarzwild bietet sich für weitere Vernichtungsaktionen durchaus auch der Kormoran, die Nilgans (Ägypter raus!), das Mufflon-Schaf, der Fuchs, Gänse und die Rabenvögel an! Vielleicht sollten wir die Truppenstärke doch nicht reduzieren?

Wenn's nicht zu traurig wäre, könnte man darüber ja lachen. Es ist aber allzu bedauerlich, dass (nicht nur) Politiker wirtschaftliche und persönliche Interessen über das Wohl der Natur und der Tierwelt stellen und damit letzlich auch über das Wohl der Allgemeinheit. Es ist scheinbar einfach in unserer Welt, für Tiere, die vermeintlich oder tatsächlich stören, letale Maßnahmen einzufordern - nach den Ursachen aber zu fragen (z.B. Industrialisierung der Landwirtschaft) und neue ökologisch und zugleich ökonomisch sinnvolle Wege zu gehen, ist unbequem. Wir haben ein Grundgesetz, welches uns auch der Tierwelt gegenüber verpflichtet .... deshalb ist es längst an der Zeit neue Formen des Umgangs mit unseren Tieren, sowohl den sogeannten Nutztieren wie auch den Wildtieren zu finden.

PS. Die zitierte Meldung aus N-TV finden Sie hier:

28.08.2010

Gedanken eines Schweins - Intermezzo aus der Massentierhaltung


Auszug aus: Totentanz der Tiere von Dr. Gunther Bleibohm, Harald Hoos, Geistkirch-Verlag 2009, 174 Seiten, 14,80 Euro (Der gesamte Erlös des Buches kommt dem Tierschutz zugute)

Ich höre den Motor des Lkw's, das Türenschlagen des Viehtransporters. Nach meiner Einschätzung müßte es Abend sein. Genau kann ich es nicht sagen, die Lebenszeit, die ich hier verbringe, ist bei künstlichem Dämmerlicht, ohne Bewegung, in unerträglichem Gestank, auf Spaltböden und Kunstfutter mit zahllosen Medikamenten; Gras haben meine Füße nie gespürt, nur Kot, nur Dreck. Vielleicht habe ich einmal im Leben das große Glück, auf dem Transport das richtige Licht zu sehen, richtige Luft zu atmen. Es soll ja eine Sonne geben, Sterne, Wind und Regen. Aber das sind Mythen, die durch unsere Gedanken kreisen, bei uns Tausenden, die hier eingeschlossen sind, hier geboren sind, ich weiß es aber nicht.

Ich sitze in einer der vorderen Boxen, ich bin heute auf jeden Fall dabei. Endlich ist der große Tag der Befreiung gekommen, der Tag, den wir alle herbeisehnen, der Tag, auf den sich unser ganzes Leben hin entwickelt hat, der Sinn unserer kurzen, qualvollen Existenz. Der Weg, die Fahrt zum Schlachthof, meine letzte Chance, einen Blick auf diese mörderische Welt zu werfen. Ich habe mir vorgenommen, den Weg mit größter Würde anzutreten, mit Demut gegenüber meinem Schicksal. Der Tod wird ein Geschenk für mich sein. Ich kehre in den unendlichen Frieden zurück, aus dem ich einst aufgebrochen bin, aus dem ich in diese fürchterliche Menschenwelt geworfen wurde.

Ich hab mir vorgenommen, aufrecht zu gehen, auch wenn die Beine unter meinen Körper einknicken, die Last des Körpers kaum tragen können, weil ich sie Zeit meines Lebens nicht benutzen konnte. Ich werde mit zusammengebissenen Zähnen die Elektroschocks der Treiber ertragen, zum letzten Mal, es gilt die Freiheit des Todes zu erringen. Es ist dies kein Anflug von Verzweifelung, ich kenne die Kette meiner Tage, kenne die Kette der Qual, des Martyriums aus meinen wenigen Lebenstagen. Mein Verlangen nach einer Zeit, in der Leben aufhört, Folter und Qual zu sein, ist unbändig.

Jetzt bin ich an der Reihe, die Boxentür geht auf, ich erhalte einen brutalen Stockschlag an den Kopf. Es scheint tatsächlich abends zu sein, wenn man das so nennt. Ich hab es noch nie gesehen. Abends bedeutet eine letzte lange Qual, die letzte allerdings. Es bedeutet eine lange Fahrt, vielleicht zum Schlachthof nach Rom, die Nacht hindurch, durstig, hungrig, voller Ungewißheit. Rom sehen und sterben!

Der Weg in die Freiheit ist bitter und qualvoll erkauft, manche von uns sterben leichter, manche fürchterlicher, aber der Lohn ist immer unendlich tiefer Frieden, die Flucht vor der Menschheit. Die Menschheit, die uns ein Leben in Freiheit, in Sicherheit verweigert. Die Natur wird mich aber wieder in die Masse der Wesen einkneten und macht vielleicht eine Wolke, einen Tautropfen, hoffentlich aber nicht wieder ein Schwein oder gar einen Menschen aus mir. Egal, morgen früh komme ich in die Todesbox, mit etwas Glück ist der Akkordschlächter nüchtern, trifft mich gut mit dem Bolzenschuß. Ich werde still halten, nicht ausweichen, damit es schnell geht. Wir sterben an diesem Tag zu Tausenden, so wie jeden Tag. Tausend Lebewesen jede Sekunde auf der besten aller Welten, auf einer Welt, welche die Menschheit zum großen Schlachthaus gemacht hat.

Das Quicken der Anderen ist das verzweifelte Auslachen der Menschheit durch uns Todgeweihte, das Lachen darüber, dass wir mit dem Tod ihrer Macht endgültig entfliehen, das Lachen der Verachtung ob ihrer Überheblichkeit, ob ihres Wahnsinns. Einen Tag später werden meine zerlegten Körperteile verkauft und gegessen, hoffentlich aber von einem Hund oder einer Katze. Der Gedanke, im Körper eines Menschen begraben zu werden, ist mir zutiefst zuwider, im Körper derjenigen, die sich für das Ebenbild eines Gottes halten, eines bluttriefenden, erbarmungslosen Gottes.

24.08.2010

Jagd und Naturschutz - ein Zielkonflikt per se

letzte Aktualisierung 4.7.2015
Da hat man doch den Bock zum Gärtner gemacht! Der Deutsche Jagdverband (DJV) und seine Mitgliedsverbände haben den Status von Naturschutzverbänden. Wie ist das mit der landläufigen Vorstellung von Naturschutz zu vereinbaren: Jagd und Naturschutz? Dem Jäger geht es selten um den Erhalt der Natur, ihm geht es vorrangig um die Jagd, wildreiche Reviere, um Trophäen, um das Töten von Tieren.

Ja, es mag auch Projekte geben, die durchaus die Bezeichnung "Naturschutz" verdienen, obwohl sie sich vornehmlich der jagdbaren Arten annehmen - doch gemessen an dem Schaden, welcher die Jagd sowohl in der Natur als auch am volkswirtschaftlichen Vermögen anrichtet, sind das die berühmten Tropfen auf den heißen Stein. Nach Prof. Dr. Josef Reichholf, ehemals Leiter der Zoologischen Staatssammlung München, ist die Jagd nach der industriellen Landwirtschaft der Artenfeind Nr. 2. Die Jagd mache die Tiere scheu und schränke damit die Lebensmöglichkeiten der bejagten Arten sehr stark ein. Gegenüber der Jagd seien die Schädigungen durch Bau- und Siedlungstätigkeit und Industrie vergleichsweise gering. 

Der durch die Jagd entstehende volkswirtschaftliche Schaden dürfte sich Jahr für Jahr auf über eine Mrd. Euro belaufen. Dieser Schaden ensteht im Wesentlichen durch Verbissschäden in Land- und Forstwirtschaft und durch die Folgen von jährlich ca. 240.000 Wildunfällen. Ursache für diesen immensen Schaden ist die sogenannte "Überhege" insbesondere des Rehwilds. Obwohl es inzwischen weitgehend verboten ist, wird das Wild nach wie vor mittels üppiger Fütterungen gemästet - mit der Folge, dass der Wildbestand (insbesondere bei Rehen und Wildschweinen) trotz jährlich steigender Abschusszahlen kontinuierlich steigt. Das ist alles andere als Naturschutz.

Bild: Berndt Fischer

Deutschlands Jäger verschießen nach Schätzungen von Umweltverbänden bis zu 1.500 Tonnen bleihaltiger Munition und wehren sich nach wie vor gegen Gesetzesinitiativen, welche bleifreie Munition vorschreiben.

Blei ist hochtoxisch und schon die Aufnahme geringster Mengen kann zu Schädigungen des Nervensystems oder der Organe führen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat nachgewiesen, dass die Körper von mit Bleimunition erlegten Tieren großflächig mit bleihaltigen Partikeln durchsetzt sind und die zulässigen Grenzwerte beim Wildbret häufig überschritten werden. Während der Mensch bei seinem Speiseplan die Wahl hat, ist die Verwendung bleihaltiger Munition für die Tierwelt ein Drama. Tausende von Tieren, Wasservögel, Beutegreifer, Greifvögel verenden jedes Jahr in Deutschland aufgrund von Bleivergiftungen. Immer wieder sind auch die wenigen Seeadler unter den Vergiftungsopfern.

Die sogenannten Naturschützer, welche auf politischer Ebene bestens vernetzt sind, halten Einschränkungen des Jagdrechts in Naturschutzgebieten für völlig überflüssig und umweltpolitisch für kontraproduktiv. Der Unterstützung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) kann sich der DJV hier sicher sein. Beide Verbände sehen durch jegliche Beschränkung des Jagdrechts das Eigentumsrecht des Grundbesitzers bzw. des Jagdpächters tangiert. Dabei geht es gerade einmal um etwa 5 % der Fläche Deutschlands, die den speziellen Schutzstatus des Naturschutzgebietes genießt.

Aus jagdlicher Sicht ist diese Haltung nachzuvollziehen: die schützenswerten Bereiche sind häufig auch die jagdlich interessanten, vor allem naturnahe Feuchtgebiete als Entenparadiese wecken Begehrlichkeiten. Die Tatsache, dass diese wertvollen Restlebensräume eines besonderen Schutzes bedürfen und nicht der Beunruhigung durch die Jagdausübung oder gar der vorsätzlichen Faunenverfälschung, scheint zweitrangig zu sein.

Nach § 2 BNatSchG soll jeder nach seinen Möglichkeiten zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes ... beitragen und sich so verhalten, dass Natur und Landschaft nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden. Eingriffe und Störungen insbesondere in den als Naturschutzgebieten oder Kernzonen von Großschutzgebieten ausgewiesenen Flächen müssen minimiert werden; dies gilt insbesondere für die Jagd. Unserer Meinung nach verstößt die Jagd in Deutschland gegen diesen Grundsatz. Schon alleine deshalb verdienen Organisationen wie der Deutsche Jagdverband nicht den Status einer Naturschutzorganisation nach BNatSchG. Jagd und Naturschutz sind Zielkonflikte, welche der DJV wohl auch in Zukunft nicht lösen kann.

Lesen Sie auch: "Jagd ist angewandter Naturschutz" - aus der Reihe "Jägerlatein"

22.08.2010

Waschbär, Marderhund und Nilgans sollen "beseitigt" werden

Der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) hat Nilgänse, Waschbären und Marderhunde (die letzgenannten sind vorwiegend nachtaktiv) gezählt und kommt zum Schluss, dass jedes dieser ursprünglich nicht in Deutschland heimischen Tiere eines zuviel ist (http://www.jagd-online.de/news/2010).
Von der Verdrängung heimischer Arten ist die Rede und von der Verbreitung von Krankheiten - ganz so wie man die ideologisch verblendete Argumentation schon vom Fuchs und von anderen Beutegreifern her kennt. Bis vor gar nicht langer Zeit hat der gleiche Verein seine Mitglieder allen Ernstes dazu aufgerufen, den Igel jagdlich zu bekämpfen!
Abgesehen davon, dass der DJV-Artikel sachlich falsch ist (Beispiel: Kanada- und Nilgans gelten gemäß §10, Abs.2 BnatSchG. als heimische Tierarten), Zweifel an der annähernden Verlässlichkeit der genannten Zahlen erlaubt sind, gibt es auch keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, das beispielsweise die Nilgans andere Arten in ihrem Bestand gefährdet. Ex-Landwirtschaftsminister Borchert, seines Zeichens Präsident des DJV, weiß auch gleich wie man Waschbären und Marderhunde effektiv beseitigt: mittels Fallenjagd. Die Fallenjagd (auch als Fangjagd bezeichnet), von welcher die wenigsten Bürger wissen, dass es sie noch gibt, führt gerade bei Waschbären immer wieder zu ärgsten Verstümmelungen und größtem Tierleid. Tier- und Naturschutzverbände fordern seit Jahren die Abschaffung dieser tierquälerischen Jagdmethode.
Zur Einstellung des DJV zu sogeannten "invasiven" Arten (Neozoen) habe ich die nachfolgende Glosse von Werner Hupperich auf http://www.gaensewacht.de/ gefunden:
"Das Ministerium für Jagdpropaganda und waidgerechte Volksaufklärung gibt bekannt: Die Zunahme fremder Subjekte in der Deutschen Fauna hat jedes erträgliche Maß überschritten. Schwarzafrikanische Gänse, bolchewistische Marderhunde, schmutzige Waschbären so wie genetisch minderwertiges, kanadisches Ferdervieh stehlen anständigen deutschen Tieren den Lebensraum. Das Boot ist voll! Deutsche Natur den deutschen Tieren! Es kann ja nicht angehen, dass sich jeder dahergeflogene ausländische Drecksvogel in unsere schöne Deutsche Eiche setzt, geisteskranke österreichische Braunbären ungestraft in unser schönes Bayern einfallen oder sich von Natur aus kriminelle fremdländische Waschbären an der Verkabelung unserer hübschen japanischen Autos vergehen! Kroppzeug verdammtes! Ausrotten, aber sofort! Töten!.."

15.08.2010

Themenkatalog Jagd: Gesetzesverstöße, Tierleid, volkswirtschaftlicher Schaden

Pressemeldung JagdAberFair vom 16.08.2010: Laut EMNID-Umfragen stehen 76,3 % der Menschen der Jagd kritisch bis ablehnend gegenüber. Großen Zuspruch fand vielleicht auch deshalb der großartige SWR für die Thematisierung der Diskrepanz zwischen Jagd und Tierschutz im Rahmen seines Formats „Odysso“. Ansonsten aber hört und liest man wenig über das große Leid der Wildtiere in Deutschland. Meldungen von Jagdorganisationen dagegen werden gerne und oft unkritisch veröffentlicht.


Tierschutz im Rahmen der Jagdausübung ist ein großes emotionales Thema. Und es eignet sich, alte und neue Leser zu fesseln und zu binden. Darauf weist nicht zuletzt die Vielzahl von Kommentaren zu dieser Thematik in den Online-Ausgaben der Zeitungsverlage hin, aber auch die intensive Diskussion über Tierschutzthemen in sozialen Netzwerken.

Für mehr Aufklärung hinsichtlich der Tierschutz-Defizite wirbt www.jagdaberfair.de, eine Tierschutzinitiative mit Schwerpunkt Jagd, und hat dazu ein Papier mit einem jeweils kurzen Abriss über 13 besonders kritische Themen erstellt. „Bei der Jagdausübung wird fast kontinuierlich gegen bestehende Gesetze verstoßen: das Bundesjagdgesetz, die Landesjagdgesetze, das Tierschutz- und die Naturschutzgesetze, EU-Richtlinien, bis hin zum Grundgesetz,“ sagt Lovis Kauertz, Gründer der Initiative JagdAberFair. Und genau diese Tatsache gemischt mit Ignoranz und Nihilismus mache es so leicht, kritische Themen aufzugreifen.


Im Schnitt werden jeden Tag (!) etwa 28.000 Tiere durch die Jagdausübung getötet - mehr als doppelt so viele wie vom Deutschen Jagdschutzverband (DJV) offiziell gemeldet. Unzureichende Ausbildung und Mangel an Praxis der Hobbyjäger, gepaart mit geringen Trefferquoten und Verstümmelungen durch Totschlagfallen erzeugen ungeahntes Tierleid. Hinzu kommen Probleme, welche sich aus falscher oder uneffektiver Bejagung oder der „Überhege“ (Mästung, Medikamentierung) von Wildtieren ergeben. Grundrechte des Menschen werden nicht nur bei der so genannten „Zwangsbejagung“ (jeder Grundeigentümer muss die Jagd auf seinem Grundstück dulden) sondern auch beim Haustierabschuss tangiert. Der volkswirtschaftliche Schaden aus der Jagd geht in die Milliarden!

Kirchentag Mensch & Tier in Dortmund

Erstmalig in der Geschichte der Kirchentage findet vom 27.-29. August 2010 in Dortmund ein überkonfessioneller Kirchentag unter dem Motto „Mensch und Tier" statt.
Interessante Referenten, wie z.B. Eugen Drewermann, Helmut Kaplan, Stefan Eck und Franz Alt werden in Einzelvorträgen und Diskussionsrunden zu hören sein. Auch pro iure animalis wird diese längst überfällige Kircheninitiative mit einem Infostand unterstützen.

Weitere Infos und Kartenvorverkauf: www.kirchentagmenschundtier.de

13.08.2010

Pressethemen Jagd und Tierschutz

Abschussrausch - zehn Millionen getötete Wildtiere jedes Jahr: Die Anzahl der vom Deutschen Jagdschutzverband (DJV) gemeldeten jährlich getöteten Wildtiere ist vollkommen falsch und untertrieben. Nicht berücksichtigt werden Tiere, die angeschossen und nicht aufgefunden werden aber aufgrund von Verletzungen verenden. Ein großer Teil der "Strecke" wird z.B. wegen des administrativen Aufwands (z.B. Elster, Rabenkrähe, Eichelhäher u.a.) oder aus Bequemlichkeit systemisch gar nicht erfasst, dazu kommen Hunde und Katzen, Tiere, die an Bleivergiftung zugrunde gehen und Tiere, die im Rahmen der Hundeausbildung "verbraucht" werden. Insgesamt liegt die Jahresstrecke bei über 9 Millionen Tieren, das sind 25.000 pro Tag - fast doppelt so viele wie der DJV offiziell meldet. Weitere Informationen hier.

Geringe Trefferquoten, viel Tierleid: Bei sogenannten Bewegungsjagden (Drückjagd, Treibjagd) wird das Wild aufgescheucht und auf der Flucht beschossen. Bis zu 70 % der Tiere werden verletzt und flüchten, bevor sie nach Stunden gefunden werden oder nach Tagen und Wochen qualvoll verenden.

Fallenjagd, ein Martyrium: In Deutschland ist die Verwendung von Lebendfallen und Totschlagfallen erlaubt. Gefangen werden in erster Linie Beutegreifer vom Mauswiesel bis zum Fuchs. In Lebendfallen gefangene Tiere werden nach einem langen Martyrium getötet und entsorgt. Totschlagfallen sollen unverzüglich töten - das ist in der Praxis aber nicht der Fall. Häufig kommt es zu Verstümmelung und lang sich hinziehendem Todeskampf.

Jagdhundeausbildung: Die Hundeausbildung findet an lebenden Tieren statt. Dabei werden pro Jahr etwa 'zigtausende Enten "verbraucht", zudem Füchse und Niederwild.

Hunderttausende toter Haustiere: Man geht davon aus, dass bis zu 40.000 Hunde und 300.000 Katzen jedes Jahr von Jägern erschossen werden. Die Argumentation der Jagdverbände ist hinsichtlich der Populationsgefährdung von Singvögeln durch Katzen oder eine Gefahr der Bastardierung von Wildkatzen ist wissenschaftlich nicht belastbar belegt. Weitere Informationen.

Sinnlose Fuchsjagd: Die Fuchsjagd, bei der im Jagdjahr 2008/09 nach Schätzung von www.jagdaberfair.de etwa 800.000 Füchse getötet wurden, wird seitens des Deutschen Jagdschutzverbandes (DJV) damit begründet, Seuchen wie der Tollwut und Krankheiten durch Übertragung des Fuchsbandwurms vorzubeugen. Darüber hinaus wird vom DJV durch den Fuchs generell eine Bestandsbedrohung von Bodenbrütern gesehen. Der Ökologische Jagdverband (OEJV) dagegen sieht - wie viele Wissenschaftler auch - keinen vernünftigen Grund mehr für die Jagd auf den Fuchs und andere Beutegreifer. Die Tollwut ist in Deutschland ausgemerzt, die geschürte Hysterie um den Fuchsbandwurm ist laut Robert-Koch-Institut unbegründet und es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass sich der Fuchs in der Regel keine Bestandsbedrohung für Bodenbrüter darstellt.

Wildschweinjagd: Die in den letzten Jahren subjektiv wahrzunehmende "Wildschwein-Schwemme" ist ein durch Jäger und Jagd selbst verursachtes Problem - wie selbst Deutschlands führende Jagdzeitschrift "Wild und Hund" 2008 titelt. Hauptursachen dabei sind die Mästung des Schwarzwilds mit Kraftfutter und die Anwendung falscher Jagdmethoden. Beides führt zu unnatürlich hoher Entwicklung der Bestandsdichten.

Kein Schutz im Naturschutzgebiet - Naturschutz- und Großschutzgebiete sind Schutzgebiete für Tiere und Natur. In vielen europäischen Ländern ist die Jagd diesen Gebieten untersagt - nicht so in Deutschland.

Unzureichende Ausbildung: Die Jägerprüfung, das sogenannte "Grüne Abitur" kann heute in Schnellkursen innerhalb von 2 Wochen gemacht werden. 74 % des vermittelten Wissens betreffen die Bereiche Waffenkunde, Jagdpraxis, Brauchtum, Tradition, Rechtslage. Was kann dem angehende Jäger da über ein so komplexes System wie den Wald und seine Tiere, die Natur und ihr Ökosystem vermittelt werden? Die persönliche Qualifikation wird mit wenigen Ausnahmen (z.B. Berlin - Schießleistungsnachweise alle 3 Jahre) nie mehr auf den Prüfstand gestellt. Seh- und Reaktionsvermögen schwinden, aber die Jagd wird weiterhin ausgeübt.

Tote und Verletze: Im langjährigen Durchschnitt sterben pro Jahr etwa 30-40 Menschen bei Jagdunfällen in Deutschland, die Anzahl der Verletzten beträgt ein Vielfaches. Hinzuzurechnen sind Wildunfälle mit etwa 40 Verkehrstoten und 3.000 Verletzten pro Jahr. Die hohe Anzahl von Verkehrsunfällen insbesondere mit Rehwild ist direkt auf die sogenannte Überhege (Mästung, Jagdmethoden) von Rehwild zurückzuführen.

"Zwangsbejagung": In Deutschland muss im Rahmen der „Pflichtmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften" jeder Grundstückseigentümer die Jagd auf seinem Grund dulden, ob er es will oder nicht. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte steht die Beschwerde eines deutschen Grundstückseigentümers zur Entscheidung an. Damit kann unter Umständen noch in diesem Jahr gerechnet werden.

Bleivergiftung: Umweltverbände gehen davon aus, dass jährlich etwa 2.000-4.000 Tonnen Blei in Deutschland verschossen wird. Das führt zu nennenswerten Vergiftungen von Böden und Gewässern, welche durch die Jagd verursacht werden. Die Verwendung von Bleimunition führt ferner dazu, dass bis zu 300.000 Tiere durch die Aufnahme von Blei über die Nahrung den Gifttod sterben, darunter immer wieder der Seeadler. In den USA, den Niederlanden, Dänemark und Schweden ist die Verwendung von bleihaltiger Munition längst untersagt.

Volkswirtschaftlicher Schaden: Die Jagd verursacht einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden in Höhe von mehreren Milliarden Euro. Ursachen sind zum einen die sogenannte (Über-)Hege (Mästung und Medikamentierung) von Schalenwild (z.B. Hirsch, Reh, Wildschwein) und zum anderen ineffiziente Jagdmethoden, welche die Sozialstrukturen z.B. von Schwarzwild zerstören. Beides führt seit Jahrzehnten zu einer unnatürlichen Bestandsdichte dieser Tierarten. Das wiederum resultiert in erheblichen Forstschäden und Straßenverkehrsunfällen. Allein die Versichungsschäden aus ca. 200.000 Schalenwildunfällen dürften sich auf etwa 1 Mrd. Euro pro Jahr belaufen.

12.08.2010

Hier können Sie Begegnungen mit Jägern dokumentieren


Hatten Sie bereits unangenehme Erfahrungen mit Jägern? Haben Sie Beobachtungen gemacht, wo Sie sagten "Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen?". Hat man Ihnen gedroht? Wollte man Ihren Hund überfahren? - Nein, ich übertreibe nicht, das ist die Realität! Vielleicht sind Ihnen auch Jagdvergehen aufgefallen. Sie sind sich nicht sicher? Im Forum Jagdbeobachtungen erfahren Sie, worauf Sie achten sollten. Die Forumsmitglieder freuen sich auf Ihren ersten Beitrag!

Tierschutz in Niedersachsen

Am 12.08.2010 an: McAllister@cdu-niedersachsen.de

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Frau Grotelüschen hat in Sachen Tierschutz "Interessenskonflikte", welche eine Fortführung ihres Amtes ohne Schaden für Ihr Kabinett unwahrscheinlich erscheinen lässt. Sie täten Ihrem Kabinett, dem Land Niedersachsen, der Politik, der Bundesrepublik und vielleicht auch den Tieren einen unschätzbaren Dienst, wenn Sie hier gleich zu Beginn Ihrer ersten Amtszeit als Ministerpräsident Stärke und Durchsetzungsvermögen zeigen würden und eine glaubwürdige Person mit dem Amt des Landwirtschaftsministers oder der -ministerin betrauen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Lovis Kauertz
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06.08.2010

Im Abschussrausch - zehn Millionen getötete Wildtiere jedes Jahr

Hier geht's zur aktuellen Version vom 7. Juli 2011.

Die so genannte „Jahresstrecke“, also die Anzahl der vom Deutschen Jagdschutzverband (DJV) gemeldeten jährlich getöteten Wildtiere ist nach Einschätzung von www.jagdaberfair.de, einer Tierschutzinitiative mit Schwerpunkt Jagd, vollkommen falsch und untertrieben.

Die Statistik des Jagdverbandes gibt für das Jagdjahr 2008/09 etwas über fünf Millionen im Rahmen der Jagd getöteter Wildtiere an. Schon das ist eine unglaublich hohe Anzahl, wenn man bedenkt, dass nur ein kleiner Teil dieser Tiere überhaupt - zum Beispiel als Wildbret - „verwertet“ wird. Der Großteil der getöteten Tiere wird einfach entsorgt.

Die Wahrheit sieht viel schlimmer aus: ‘zigtausende Enten, Füchse, Bodenbrüter werden alljährlich im Rahmen der Jagdhundeausbildung getötet. Die Trefferquoten bei Bewegungsjagden (das Wild wird aufgescheucht und auf der Flucht erschossen) sind ausgesprochen gering. Dabei wird der weitaus größte Teil der Tiere nur verletzt und nicht aufgefunden. Diese Tiere verenden oft qualvoll nach Stunden oder Tagen. Bei der Jagd auf Wasservögel wird durch die breite Streuwirkung des Schrots ein weitaus größerer Teil der Tiere „nur“ verletzt und nicht getötet.

Umweltverbände gehen davon aus, dass jährlich etwa 2.000-4.000 Tonnen Blei in Deutschland verschossen werden. Das führt nicht nur zur Vergiftung von Böden und Gewässern, es führt auch dazu, dass bis zu 300.000 Tiere durch die Aufnahme von Blei beim Gründeln oder über die Nahrung den Gifttod sterben, darunter immer wieder der Seeadler. In den USA, den Niederlanden, Dänemark und Schweden ist die Verwendung von bleihaltiger Munition längst untersagt.

Einige hunderttausend Vögel, darunter Kormoran, Blässhuhn, Höckerschwan und Eichelhäher und ebenso Hunde und Katzen werden von vornherein nicht oder nicht systematisch erfasst und ein weiterer signifikanter Anteil wird aus Bequemlichkeit oder wegen des administrativen Aufwands nicht gemeldet.

Insgesamt dürften so in Deutschland ohne Übertreibung etwa 10 Millionen Tiere jährlich der Jagd zum Opfer fallen – das sind 28.000 Tiere pro Tag! Der Sinn insbesondere der Hobby-Jagd ist nicht nur heftig umstritten, es gibt auch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, die zu dem Ergebnis kommen, dass die Jagd zur Bestandsregulierung - und diese wird als Hauptargument der Jagd vorgebracht - nicht erforderlich ist. Wissenschaftler habe sogar nachgewiesen, dass die Jagd hinsichtlich der Bestandsregulierung teilweise kontraproduktiv ist und zum Beispiel bei Fuchs und Schwarzwild zu erhöhter Fortpflanzungsdynamik führt.

Nun wäre auch die von www.jagdaberfair.de erstellte "Jahresstrecke" nicht vollständig, ohne die Menschen zu erwähnen, die durch die Jagd umkommen oder verletzt werden. Bei Jagdunfällen werden im langjährigen Jahresdurchschnitt etwa 40 Menschen pro Jahr getötet und einige Hundert verletzt. Weitere 40 Personen werden bei Wildunfällen getötet und mehrere Tausend verletzt. Die hohe Anzahl der Wildunfälle (allein über 200.000 mit Rehen) ist eine direkte Folge der sogenannten Hege dieser beliebten Trophäenträger.


1) Statistik des DJV über die Jahresstrecke
2) F. Werner "Was Jäger verschweigen", u.a.20 Enten pro Jagdhund (5.000 pro Jahr)
2) Hasenspur: Ausbildung im Frühjahr geht einher mit erheblicher Störung der Jungenaufzucht.
2) Baujagd-Ausbildung Füchse, geschätzt
3) Trefferquote 50 % bei Fasanen, Wildenten, hohe Fehlerwahrscheinlichkeit bei Jagd in der Dämmerung und Bewegungsjagden. %satz = Anteil der nicht aufgefunden, verletzten Tiere. Blattschussquote bei Bewegungsjagden 25-30%. "Unsere Jagd" Sonderdruck 2008 "Wildbrethygiene"
4) Beutegreifer, Greifvögel durch Nahrungsaufnahme, Wasservögel durch Aufnahme v Schrotkörnern bei d Nahrungsaufnahme. Wissenschaftliche Untersuchungen gehen von einer Mortalitätsrate von 25 % aus.

5) Kormoran, Graureiher, Möwe, Bläßhuhn, Höckerschwan, Elster, Rabenkrähe, Eichelhäher, u.a.. Quelle DJV-Handbuch 2006
6) Jagdstrecke DJV inkl. Fallwild: 199.400 Rehe, 28.600 Schwarzwild, 4.600 Damwild, 2.600 Rotwild
7) Die Anzahl erfasster Wildkaninchen ist unrealistisch a) im Vergleich zur der Anzahl getöteter Hasen b) im Vergleich z.B. zum Jahr 1991/1992, damals wurden noch über 860.000 tote Kaninchen erfasst.
8) Ermittlung anhand der Trefferquoten, beeinhaltet auch nicht gemeldete Unfallschäden

01.08.2010

Beck bläst zur Jagd auf den Kormoran

Mainz - Der Kormoran (Lat. Phalacrocorax carbo) ist gemäß den Artikeln 2, 5 und 6 der EG-Vogelschutzrichtlinie generell geschützt. Die Population des Kormorans darf somit durch Abschussgenehmigungen nicht in ihrem Bestand gefährdet werden. Ausnahmen von diesem generellen Schutz sind nur gemäß Artikel 9 der Richtlinie „zur Abwendung erheblicher Schäden an Fischereigebieten und Gewässern" zulässig.
Das unter Kurt Beck SPD-regierte Rheinland-Pfalz hat bereits in 2009 eine solche Ausnahme-geneh-migung erteilt. Angeblich seien Lachs, Äsche oder Aal durch den Kormoran bedroht. Stichhaltige Belege dafür gibt es aber nicht - wie es im übrigen auch keinerlei verlässliche Bestandszahlen zur Begründung der Nieder- oder Hochwildjagd gibt.
Vielmehr gibt es wissenschaftlichen Untersuchungen, die nachweisen, dass in natürlichen Gewässern (große Binnenseen, Flüsse, Küstengewässer), wo sich die weitaus meisten Kormorane aufhalten und Nahrung suchen, keine nennenswerten, geschweige denn erhebliche Schäden auftreten. Abgesehen von punktuellen Ausnahmesituationen an kleinen Fließgewässern gibt es auch keine wissenschaftlich belegten Nachweise darüber, wie und in welchem Umfang Kormorane das Vorkommen von Fischarten oder gar seltenen Fischarten beeinflussen.
Im Gegensatz dazu wurde bei vielen Untersuchungen in Bayern, Schleswig-Holstein, Brandenburg und der Schweiz ein paralleles Anwachsen von Kormoran- und Weißfischbeständen festgestellt. Rückgänge von Fischbeständen und Gefährdung einzelner Fischarten waren und sind dagegen primär auf Gewässerverschmutzung und -verbauung zurückzuführen.
Fischer betrachten den Kormoran als Jagdkonkurrenten nach Edelfischen. Tatsächlich fressen Kormorane aber nur wenige Edelfische, vielmehr ernähren Sie sich von wirtschaftlich unbedeutenden "Weißfischen". Gemäß NABU wurde dies durch wissenschaftliche Untersuchungen und Analysen von Speiballen (Ausscheidungen aus dem Magen) nachgewiesen.
Nach Auskunft der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie (Gnor) Rheinland-Pfalz gibt es gerade einmal 250 Brutpaare des Kormorans in Rheinland-Pfalz. Was also rechtfertigt den Abschuss von über 600 Kormoranen in der Jagdsaison 2009/2010? Die vom Ministerium als Scheinargument vorgebrachte Bestandsgefährdung seltener Fischarten scheidet den wissenschaftlichen Ergebnissen folgend aus. Auch wirtschaftlich hat die mit Millionen aus Steuermitteln geförderte Fischerei in Rheinland-Pfalz nicht mehr als marginale Bedeutung. Nach Auskunft des Bundeslandwirtschaftsministeriums gab es 2007 gerade mal 24 Haupterwerbs- und 12 Neben- und Zuerwerbsbetriebe, die in Rheinland-Pfalz der Fischerei nachgehen. Nur 1,3 % des deutschen Fischaufkommens aus Seen- und Flussfischerei und weniger als 1 % aus Aquakulturen kommen aus Rheinland-Pfalz. Am 15. August beginnt die nächste Jagdsaison!
Mehr zum Kormoran bei NABU
Die Rheinpfalz 30.07.2010
Die Rheinpfalz 29.10.2010: Kormoranjagd verfehlt ihr Ziel