28.10.2012

Hubertusmesse und Protest am Mainzer Dom

Am 3. November 2012 findet im Mainzer Dom um 17 Uhr eine Hubertusmesse statt. pro iure animalis organisiert zu diesem Anlass vor dem Dom eine Mahnwache und lädt dazu alle Menschen ein, die ihren Protest gegen das Ritual der Hubertusmessen zum Ausdruck bringen wollen.
 
 
Der Legende nach erschien dem leidenschaftlichen Jäger Hubertus während der Jagd in den Ardennen ein prächtiger Hirsch, der ein strahlendes Kruzifix zwischen seinem Geweih trug. In Gestalt des Hirsches sprach Christus zu ihm: "Hubertus, warum verfolgst Du mich?" Er wurde vor die Wahl gestellt: entweder er tötet den Hirsch - dann tötet er auch Christus, oder er lässt das Tier leben und bekennt sich zu Christus. Hubertus traf die richtige Entscheidung, er entsagte der Jagd.

Die Kirche, die sich seit jeher der Tierwelt nicht verpflichtet fühlt, missbraucht Hubertus und verkehrt die Geschichte einer Umkehr in ihr Gegenteil: in alljährlichen Hubertusmessen segnen Pfarrer und Priester die Jäger, häufig ihre Waffen (!) und die "Strecke" der getöteten Tiere. Der Hubertuslegende hätte es entsprochen ihn zum Schutzpatron der Tiere zu machen, die Kirche ernannte ihn aber zum Patron der Jäger.



Hubertus entsagt der Jagd, Marciana Library


"Die christliche Moral hat ihre Vorschriften ganz auf den Menschen beschränkt, die gesamte Tierwelt rechtlos gelassen .... Die Menschen sind die Teufel der Erde und die Tiere ihre geplagten Seelen". Seit Schopenhauer, von dem dieses Zitat stammt, hat sich im Verhältnis der Kirche zu den Tieren nichts geändert. Mit dem Hubertuskult bedient die Kirche eine Minderheit, von der sich die Mehrheit der denkenden und fühlenden Gesellschaft distanziert.

27.10.2012

Kein Verbot von Bleimunition: Hinhaltetaktik

Nach Auffassung von B90/DIE GRÜNEN wird die Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode keine Entscheidung über ein Verbot von giftiger Bleimunition mehr treffen. Dabei hat bereits im Frühjahr 2011 ein Gutachten die Sicherheit des Einsatzes bleifreier Munition bestätigt. In Schweden und den USA gibt es schon seit etlichen Jahren ausschließlich positive Erfahrungen mit bleifreier Büchsenmunition. An den meisten deutschen Gewässern ist die Verwendung bleihaltiger Munition schon jetzt verboten. 
 
Gegner der Einführung bleifreier Munition (die ist vor allen Dingen billiger als bleihaltige Munition) schieben immer wieder neue Einwände vor, die scheinbar dankbar von der schwarz-gelben Koalition aufgegriffen werden.  Die Grünen sprechen in diesem Zusammenhang von einer Hinhaltetaktik aus Hörigkeit zur traditionellen Jägerschaft.
 
Auch der Rotmilan ist Vergiftungsopfer uneinsichtiger Jäger
Bild: Andreas Klein
 
 
Dabei ist seit langem bekannt, dass giftige Bleimunition zur Bleibelastung von Feld und Flur beiträgt sowie zur Vergiftung von Aasfressern, insbesondere von Greifvögeln. In manchen Regionen hat die Verwendung bleihaltiger Munition zum Tod der letzten verbliebenen Seeadler geführt. Aus Sicht des Umwelt- und Naturschutzes gibt es deshalb genügend Gründe für ein Verbot bleihaltiger Jagdmunition.
 
 
 

23.10.2012

Tierschutzorganisationen fordern Aufklärung: Tierschutzwidrige Jagd auf Wildschweine in Rheinland-Pfalz

Derzeit hört und liest man immer wieder, dass es zu viele Wildschweine gäbe. In einem Beitrag des SWR vom 18.10.2012 bezeichnen Jäger und Landwirte die Wildschweinzunahme als dramatisch und plädieren für eine weitere Verschärfung der Jagd auf das so genannte Schwarzwild. Insbesondere durch großflächige, revierübergreifende Bewegungsjagden mit Dutzenden von Jägern, Treibern und Hunden. Den Tieren soll weiterhin ganzjährig – also ohne jegliche Schonzeit – der Garaus gemacht werden. Gefördert und gefordert wird dieses Szenario auch seitens des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten in Mainz: das aktuelle „Handlungsprogramm zur Reduzierung überhöhter Schwarzwildbestände“ wurde für die Jagdjahre bis 2014 für Rheinland-Pfalz fortgeschrieben.
 

Akteneinsicht nach dem Umweltinformationsgesetz

Zahlreiche Natur- und Tierschutzorganisationen, darunter die international bekannte Tierrechtsorganisation PETA Deutschland e.V., schalteten gegen diese Praxis nun einen Rechtsanwalt ein. Dieser hat beim verantwortlichen Ministerium Akteneinsicht nach dem Landesumweltinformationsgesetz beantragt. „Die Tierschutzorganisationen wollen wissen, auf welche Informationen sich das Ministerium bei der umstrittenen Aufforderung zur drastischen Reduzierung der Schwarzwildbestände beruft“, so Rechtsanwalt Dominik Storr, der das Auskunftsersuchen für die Natur- und Tierschützer gestellt hat.
 

Gilt Tierschutz für Wildtiere nicht?

Die Tierschutzorganisationen werfen dem Ministerium in einem gemeinsamen Schreiben vor, sich bei der „Wildschweinproblematik“ allein von wirtschaftlichen Aspekten und Jagdinteressen leiten zu lassen und dabei den Tierschutz willentlich außen vor zu lassen. Gerade bei großflächigen revierübergreifenden Bewegungsjagden und bei Jagden bei Schneelage, zu denen das Ministerium aufrufe, seien die tierschutzrechtlichen Aspekte, die sich stellten, immens und wegen des Tierschutzgesetzes auch zwingend von dem Ministerium zu beachten.
 
Nach dem Willen der Landesregierung: Jagd ohne Tabus
Bild: Luise Dittombée
 
Dies zeige auch eine Stellungnahme der "Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz" (TVT), welche die tierschutzrechtliche Problematik von Bewegungsjagden bestätige: Großflächige Jagden - gerade im Winter - würden nicht nur zu Verletzungen der Tiere führen, sondern auch die Energiereserven der Tiere aufbrauchen, was zur Zunahme von Wildschäden führe. Zudem bestünde die Gefahr, Bachen von ihrem unselbstständigen Nachwuchs zu trennen. Das könne zum leidvollen Erfrieren der Frischlinge führen. Zudem seien bei Bewegungsjagden tödliche Treffer schwieriger, viele Tiere würden „nur“ angeschossen. Statistiken aus Hessen zeigen, dass bei Drückjagden auf Schwarzwild nur etwa ein Drittel mit Blattschuss erlegt werde, der Rest der Strecke weise Waidwund-, Keulen- oder Laufschüsse auf. In der eingangs erwähnten „Aufforderung“ des Ministeriums spielten jedoch all diese Aspekte überhaupt keine Rolle.
 
Langzeitstudie: Je mehr Jagd, desto mehr Wildschweine
„Rheinland-Pfalz möchte auf allen Gebieten modern, fortschrittlich und innovativ sein. Nur bei der Jagd verschließt sich Rheinland-Pfalz den wissenschaftlichen Fakten“, sagt Harald Hoos von der Initiative „pro jure animalis“, die ihren Sitz in Rheinland-Pfalz hat. Anhand einer im renommierten „Journal of Animal Ecology“ veröffentlichten Langzeitstudie, die auf zahlreiche weitere universitäre Arbeiten und Untersuchungen Bezug nehme, sei es wissenschaftlich belegt, dass der hohe Jagddruck eine wesentliche Verantwortung für die hohe Wildschweinpopulation trägt. Je mehr Jagd auf Wildschweine gemacht werde, desto stärker vermehrten sie sich (Journal of Animal Ecology 2009, 78, 1278-1290).
 

Zahlen zeigen: Wildschweinjagd in Rheinland-Pfalz ist kontraproduktiv

Anhand der offiziellen Zahlen zeigt Wildtierschutz Deutschland auf, dass dies auch für Rheinland-Pfalz zutrifft. Die Anzahl der getöteten Wildschweine steige dort im langjährigen Durchschnitt trotz einer immer stärkeren Intensivierung der Bejagung kontinuierlich an: in den 1980er Jahren wurden in Rheinland-Pfalz bis zu 25.000 Wildschweine pro Jahr geschossen, in der darauffolgenden Dekade waren es bis über 40.000 und in den 2010er Jahren sogar schon 80.000, Tendenz steigend. 
 
 
Die Tierschutzorganisationen haben das rheinland-pfälzische Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten aufgefordert, das "Handlungsprogramm zur Reduzierung überhöhter Schwarzwildbestände" umgehend zurückzunehmen.
 

18.10.2012

Jäger sind keine Naturschützer

Leserbrief von Gisbert Lütke, Vorstandsmitglied NABU-Kreisverband Steinfurt e.V., erschienen im Oktober 2012 bei der Zeitungsgruppe Münsterland zu einem Artikel mit dem Thema „Einsatz für Jagd und Natur“ (mit freundlicher Genehmigung des Verfassers):
Jagd ist undemokratisch. Der Einfluss der Jäger auf Politik und Justiz ist im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Bevölkerung völlig überzogen. Das Jagdrecht schränkt Tier- und Naturschutzbestimmungen ein, gewährt Jägern oft unverständliche Privilegien und verstößt nach aktueller EU-Rechtsprechung gegen die Menschenrechte.  ...
Bei den beklagten Überpopulationen von Tierarten in Naturschutzgebieten kann es sich nur um Tierarten handeln, die durch Jäger intensiv gehegt (gefüttert) werden. Bei allen anderen Tierarten haben wir fast ausnahmslos Bestandsrückgänge zu verzeichnen.
Jäger sind also keine Naturschützer, sondern allenfalls Fasanen-, Reh- oder Hasenschützer.
Auch in dem angesprochenen Revier zwischen Emsdetten und Neuenkirchen zielen alle Maßnahmen in erster Linie auf die Verbesserung der Lebensbedingungen für das jagdbare Wild, um letztendlich möglichst viel davon erlegen zu können.
Noch vor knapp 160 Jahren wurde mit Menschen, die aus Hunger unberechtigt ein Tier erlegt haben, kurzer Prozess gemacht. Die behauptete, Jahrhunderte alte Verbindung zwischen der Jagd und dem Naturschutz hat es  - nicht nur vor diesem Hintergrund -  nie gegeben. Bei näherer Betrachtung war die Jagd früher ein Vergnügen der Feudalherren und ist heute ein reiner Freizeitsport, der mit dem Naturschutzgedanken unvereinbar ist.
Die Jagd ist Freizeitsport, kein Naturschutz.
Bild: Jäger-Müll bei Bingen-Büdesheim
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13.10.2012

Tierschutz - Die Jagd hat ein Image-Problem.

Es ist natürlich bei weitem untertrieben, von nur einem Image-Problem zu reden. Denn beim Thema Jagd gibt es so viele Baustellen, dass man nicht in der Haut der Marketingverantwortlichen stecken möchte – schon gar nicht in der Haut der verfolgten Tiere: Haustierabschuss, Fallenjagd, Jagdhundeausbildung an lebenden Tieren, Jagdmethoden, bei welchen Wildtiere lange leiden bevor sie sterben, bleihaltige Munition, ganzjährige Beunruhigung des Wildes, illegale Fütterung, nicht funktionierende Bestandskontrolle – um nur mal einen groben Eindruck von der aktuellen Situation zu geben.
 
Auf einen Nenner gebracht: die Jagd ist längst nicht mehr zeitgemäß. Die Verantwortlichen haben es über Jahrzehnte versäumt  - oder sollte man besser sagen verhindert – die Regeln der Jagd an gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen. Aber vielleicht wollte man davor einfach die Augen verschließen.
 
Oh Herr, so kann es nicht weitergehen ....
Bild: www.FrecherFuchs.de
 
 
Es ist daher schon verständlich, der Öffentlichkeit jetzt weiß machen zu wollen Jagd sei Tierschutz. Mit „tierschutzkonformer Beschaffung tierischer Nahrungsmittel“, wie der Deutsche Jagdschutzverband es kürzlich in einer Meldung formuliert, hat die Jagd maximal am Rande zu tun. Der weitaus größte Anteil der jährlich 5 bis 9 Millionen in Deutschland durch die Jagd getöteten Tiere wird ohne weitere „Nutzung“ entsorgt. Darunter sind allein ca. 900.000 Rabenvögel, die eigentlich durch die EU-Vogelschutzrichtlinie geschützt sind, und eine Millionen Beutegreifer wie Fuchs, Dachs, Marder, Iltis, Hauskatze u.a.  Eine flächendeckende Bejagung dieser ausgesprochen nützlichen Fleischfresser unter den Wildtieren mit dem Ziel einer Bestandsreduzierung ist nicht zielführend. Das wissen wir seit Jahrzehnten aus zahlreichen Forschungsarbeiten. Danach handeln auch Ökologische Jagdvereine und auch die großen Umwelt- und Naturschutzverbände sind sich diesbezüglich weitgehend einig.
 
Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) macht darauf aufmerksam, dass Untersuchungen zufolge bei Gesellschaftsjagden auf Wildschweine oder auf Rehe nur die wenigsten Tiere mit einem sofort tötenden Schuss erlegt werden. Gründe für die extrem hohe Zahl von Fehlschüssen sind häufig mangelnde Schießpraxis, Erfolgsdruck oder Wild, welches in der Fluchtbewegung gar nicht „weidgerecht“ getötet werden kann.
 
Dennoch werden diese Jagdformen, meist so genannte Drückjagden mit Dutzenden von Jägern, Treibern und Hunden, auch von zuständigen Ministerien als Mittel der Wahl zur Bestandsregulierung propagiert. Dass auch bei diesem so genannten „Schalenwild“ die angestrebte Bestandsregulierung seit Jahrzehnten nicht funktioniert, zeigt ein einfacher Blick auf die aktuellen Zahlen: in den 1980er Jahren wurden durch die Jagd pro Jahr bis zu 250.000 Wildschweine getötet, in der darauffolgenden Dekade bis zu 400.000 und in den 2000er Jahren wurde erstmals die Marke von 600.000 Tieren überschritten – Tendenz weiter steigend.
 
Es gibt diverse Gründe für die Bestandsexplosion, gerade bei Wildschweinen. Wesentliche Einflussfaktoren sind zum einen das tendenziell milder werdende Klima und ein erhöhtes Nahrungsangebot, andererseits aber auch die intensive Bejagung selbst. Milde Winter und gutes Nahrungsangebot reduzieren die Sterblichkeit und erhöhen die Geburtenraten. Berechnungen von Wildforschungsstellen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz ergaben vor einigen Jahren, dass allein durch Futterstellen, welche das Wild an die Hochsitze locken soll, soviel Kraftfutter für Wildschweine durch Jäger ausgebracht wurde, wie zusätzliches Futter durch den Maisanbau zur Verfügung stand.
 
Eine Langzeitstudie von Wissenschaftlern um Sabrina Servanty, die 2009 im renommierten „Journal of Animal Ecology" veröffentlicht wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass die intensive Bejagung zu einer deutlich höheren Fortpflanzung führt und beim Schwarzwild die Fruchtbarkeit stimuliert. In Gebieten, in denen wenig Jäger unterwegs sind, ist die Vermehrung der Wildschweine deutlich geringer, die Geschlechtsreife bei den Bachen tritt später und erst bei einem höheren Durchschnittsgewicht ein.
 
Wie kann ein Mensch Spaß daran haben, so ein Geschöpf umzubringen?
Bild: www.FrecherFuchs.de
 
Ein Unding ist es ferner, dass die Jagd in Deutschland ganzjährig ausgeführt wird. Zahlreiche Tierarten haben in vielen Bundesländern überhaupt keine Schonzeiten (z.B. der Fuchs, das Wildschwein). Noch im Februar finden auf gefrorenem und schneebedecktem Boden große Gesellschaftsjagden statt, obwohl das Bundesjagdgesetz schon heute regelt, dass eine Beunruhigung des Wildes nicht stattfinden darf. Gerade in den Wintermonaten führt das regelmäßig dazu, dass insbesondere das in der Winterruhe befindliche Rehwild dringend erforderliche Reserven auf der Flucht vor Hunden und Jägern verbraucht - manchmal bis hin zur Erschöpfung. Der daraus resultierende zusätzliche Nahrungsbedarf führt dann häufig zum Verbiss an jungen Bäumen.
 
Seit den 1950er Jahren, als die aktuelle deutsche Jagdgesetzgebung aus der Taufe gehoben wurde, hat es keine signifikanten Änderungen der Jagdgesetze im Hinblick auf den Tierschutz und die seit Jahrzehnten vorliegenden Forschungsergebnisse gegeben. Daran hat weder die Einführung des Tierschutzgesetzes, welches die Jagd quasi als Ausnahme von der Regel akzeptiert, noch die Änderung des Grundgesetzes hinsichtlich des Tierschutzes etwas geändert. Der Anteil der Jäger an der Bevölkerung beträgt zwar nur etwa 0,4 %, in der politischen Szene aber sind sie überproportional vertreten und betreiben erfolgreich ihre Verhinderungspolitik.