12.12.2012

Das Tier weiß, dass ich nicht töten will

Auszug aus der Zuschrift eines Mitarbeiters der Berg- und Naturwacht, aus Österreich:

Mein Großvater war Berufsjäger, Forstinspektor und Jagdprüfer. Daher habe ich in meiner Kindheit und Jugend wohl mehr Stunden auf Hochsitz und Pirsch verbracht als so mancher Hobbyjäger. … Er hat mir auch beigebracht, dass es nun wirklich nichts heldenhaftes ist, ein Wildtier aufzustöbern und zu schießen.

Ich selbst habe die Jagdprüfung nie gemacht, würde sie aber jederzeit bestehen. Ich bin lieber seit Jahren in der Berg- und Naturwacht tätig. Das erscheint mir sinnvoller. Ich streife also regelmäßig (wie ein echter Jäger) durchs Revier (Einsatzgebiet). Meine Beute sind Müll, Standorte seltener Pflanzen, Nistkästen und Menschen, die etwas über die Natur vor Ort erfahren wollen. Natürlich jage ich auch illegale Pflanzensammler und Schlangenfänger. Aus diesem Grunde bin ich wie ein Jäger in Tarnkleidung unterwegs, einfach weil ich auf Kommando für Menschen unsichtbar sein will.
 
Die mir bekannten Jäger haben durch die Bank von Ökologie wenig Ahnung. Nicht jagdbares Wild oder gar die Flora interessieren wenig. Mit Erschrecken musste ich auch feststellen, dass die Einschätzung des Wildbestandes auf reinen Vermutungen basiert. Ich habe von meinem Großvater gelernt wie man den Wildbestand richtig einschätzt. Das dauert entsprechend lange und ist viel Arbeit. Viele der Böcke werden oft zwei oder mehrmals gezählt, weil die zählenden Jäger die Merkmale der Böcke bis zum nächsten Ansitz wieder vergessen haben.
 
Wildtiere können Freund und Feind gut unterscheiden
Bild: www.frecherFuchs.de
 

Darüber hinaus können alle Tiere sehr genau wahrnehmen, wer da durch die Gegend läuft oder fährt. Ich persönlich kann mich auf wenige Meter einem Reh nähern. Das Tier weiß, dass ich nicht töten will. Es passiert mir des Öfteren, dass ich gewissen Rudeln begegne und der Revierjäger ein paar Minuten später vergeblich auf den Anblick wartet. Das Gleiche passiert mit den Wildschweinen. Während ich recht nah heran gehen darf, verschwinden die Tiere sofort, wenn sie das Motorengeräusch des Autos des Revierjägers hören. Lustiger weise bleiben sie stehen, wenn ein anderes Auto gleichen Fabrikats vorbei fährt! Wildtiere wissen also genau was in ihrem Habitat vor sich geht. Klar, die wohnen ja auch dort.

Nach meinem Dafürhalten könnte man die Jagd, wie sie im Moment ausgeübt wird, ersatzlos streichen. … Man sollte lieber statt der Hobbyjäger eine professionelle Naturaufsicht einsetzen die sich um die Einsatzgebiete hauptberuflich kümmert. Und zwar sollte das Aufgabengebiet alle Belange (gesamte Flora und Fauna, Gewässeraufsicht, Baurecht, etc.) umfassen. Natürlich würde auch das gesamte jagdbare Wild darunter fallen.