04.10.2014

Baden-Württemberg: Politik kapituliert vor den Jägern

Einseitige Änderungen führen das „Wildtiermanagement-Gesetz“ ad absurdum

Der vor der Sommerpause vorgestellte Referentenentwurf zum baden-württembergischen Landesjagdgesetz blieb aus Sicht des Tier- und Naturschutzes bereits weit hinter den Erwartungen zurück. Wie nun an die Öffentlichkeit drang, sollen die bereits äußerst überschaubaren Verbesserungen nun weiter aufgeweicht werden. Was übrig bleibt, ist eine weiterhin einseitig an den Abschussinteressen der Jägerschaft orientierte Politik, die die ursprünglichen Ziele der Jagdrechtsreform ad absurdum führt.

So setzte die Jägerschaft beispielsweise durch, dass die Jagd sich auch weiterhin nicht an wildtierökologischen Anforderungen auszurichten braucht. Ob die Bejagung einer Tierart erforderlich ist oder nicht – aus ökologischen, ökonomischen oder aus epidemiologischen Gründen -  spielt also auch weiterhin keine Rolle. Beutegreifer wie Fuchs und Dachs, aber auch Vögel werden weiterhin aus bloßer Jagdlust getötet. Wissenschaftliche Studien zeigen bereits seit geraumer Zeit auf, dass eine flächendeckende „Regulierung“ dieser Tierarten durch die Jagd weder nötig noch – wie im Falle des Fuchses – überhaupt möglich ist.

Bei den Jagd- und Schonzeiten gibt es praktisch keine Verbesserungen gegenüber den derzeitigen Regelungen. Von den Forderungen der Naturschutzverbände nach einer mindestens achtmonatigen vollständigen Jagdruhe sind gerade noch zwei Monate übrig geblieben, diese zudem im März und April, in denen auch bisher nur wenig gejagt wird. Selbst in dieser Zeit dürfen Wildschweine in der offenen Landschaft sowie im Wald innerhalb von 200 Metern vom Waldrand entfernt getötet werden. Auch gefährdete Arten wie der Feldhase, die im Rahmen des sogenannten „Entwicklungsmanagements“ zunächst geschützt werden sollten, bleiben nun jagdbar; dasselbe gilt für Rabenvögel, für die Naturschützer schon seit langem einen Schutz gemäß den Vorgaben der EU-Vogelschutzrichtlinie fordern.

Für viele Jäger nichts weiter als ein Schädling
Rotfuchswelpe, Bild Fabien Gagnon

Die zunächst vorgesehenen Einschränkungen von Fütterung und Kirrung wurden massiv aufgeweicht. Somit werden Jäger auch weiterhin über das Einbringen großer Futtermengen in die Reh- und Wildschweinbestände diese künstlich hoch halten, um bessere Jagdstrecken zu erzielen.

Ein Schlag ins Gesicht für den Tier- und Naturschutz ist zudem, dass Tier- und Naturschutzverbände es weiterhin dulden müssen, dass auf ihrem eigenen Grundbesitz gegen ihren Willen gejagt wird. Die Jägerschaft will hiermit konsequent verhindern, dass größere jagdfreie Areale entstehen – schließlich würden diese der Öffentlichkeit unmittelbar vor Augen führen, dass es ohne Jagd und Jäger besser geht. Weitgehend jagdfreie Gebiete wie etwa Nationalparks oder der Schweizer Kanton Genf belegen dies bereits eindrucksvoll.

Grüne und SPD müssen sich angesichts all dessen fragen lassen, ob sie es mit dem Natur-, vor allem aber dem Tierschutz auch nur ansatzweise ernst meinen. Während man der Jägerschaft in nahezu allen Punkten entgegengekommen ist, findet das Tier als leidensfähiges Individuum, aber auch der aktuelle Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse kaum Berücksichtigung. Das ursprünglich ausgegebene Ziel der Landesregierung, den Tierschutz zu stärken und die Jagdgesetzgebung an ökologischen Erfordernissen auszurichten, wurde jedenfalls voll und ganz verfehlt.