22.05.2015

Wilderei: Luchs und Wolf sind nicht überall willkommen

Von Olav Jost – Tierschützer und SeaShepherd-Aktivist

Eigentlich könnten wir alle uns darüber freuen, dass sich ehemals totgeglaubte Tiere erneut bei uns ansiedeln. Mit Erleichterung verfolgen wir Wiederansiedlungs-Versuche in anderen Ländern, zumeist auf anderen Kontinenten, hegen einen Groll gegen die Wilderei von Nashörnern und Elefanten und können auch die Panik der australischen Surfer vor dem Weißen Hai nicht immer nachvollziehen.

Wir haben ein eigenes Nashorn, einen eigenen Elefanten in unseren Wäldern: Den Wolf. Und seinen „kleinen Bruder“, den Luchs. Die geschmeidigen kleinen Raubkatzen erobern sich Stück für Stück kleine Gebiete unserer Wälder zurück und werden hier nicht immer mit offenen Armen empfangen. Bereits 2012 wurde ein Luchs-Weibchen im Bayerischen Wald vergiftet aufgefunden und im Folgejahr erschoss ein Unbekannter ein sogar trächtiges Tier.

Vor kurzem kam es jedoch zu einem Vorfall, der über diese Ereignisse hinausgehen: Vor einer Fotofalle wurden in der vergangenen Woche im Landkreis Cham vier abgeschnittene Vorderbeine von Luchsen gefunden. Es handelt sich also um bis zu vier getötete Luchse. Die Fotofalle gehört zu einem Luchs-Forschungsprojekt, die Botschaft ist eindeutig. Die Fotofalle gehört zu einem Luchs-Forschungsprojekt, die Botschaft ist eindeutig.

Natürlich erfolgt wieder die obligatorische Anzeige gegen Unbekannt, die Polizei ermittelt. Doch die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass man auch dieses Mal die Täter nicht finden wird.

Lynx lynx, Bild: Cloudtail

Seit seiner menschgemachten „Rückkehr“ wird über den Luchs heiß diskutiert, immer ein wenig im Schatten der Diskussion über die ersten Wölfe in Deutschland.  Vor allem in Bayern setzt man sich mit den Luchsen auseinander, doch hier kommt ein delikates Problem hinzu: Es gibt die gesetzlich verankerte Maxime zur Berechnung der allgemeinen Wild-Abschussquote: „Wald vor Wild“. Das bedeutet, dass der Forstbestand höhere Priorität hat, als der Wildbestand. Nun wird in Bayern seit Jahren über eine profitable Forstwirtschaft debattiert, Jäger nehmen den Verbiss der jungen Bäume und dadurch den monetären Verlust gerne als Anlass, eine bestimmte Anzahl Rehe zu erlegen. Und hier kommt der Luchs ins Spiel.

Einige Jäger befürchten, dass sie Quoten nicht erfüllen können oder der jagdliche Wert ihres Reviers fällt, wenn Wolf oder Luchs ihnen Konkurrenz machen. Es geht also nicht nur um die viel beschworene „Hege“, der Jäger möchte natürlich auch noch was zum Schießen haben. Hier sieht’s also zunächst einmal nach einem Interessenkonflikt aus.

Die Forstleute sehen den Einfluss des Luchses dagegen nicht als so gravierend an (was wir von Wildtierschutz Deutschland bestätigen können, siehe Artikel „Mehr Wölfe – weniger Rehe?) und beharren auf den üblichen Abschussquoten. Damit befinden sich die Parteien in einer Zwickmühle, denn der Hass der einiger Jäger auf die Luchse steigt.

In Deutschland wurde 1846 der letzte bekannte Luchs getötet, seitdem war er aus unseren Wäldern verschwunden. Wir sollten dankbar sein, dass er wieder zurückkommt und alles daran setzen, Gebiete zu haben, in denen er sich ausbreiten kann. Die Jagd auf ihn ist streng verboten, das Hauptproblem ist die Wilderei, das Vergiften, Töten, wie vor kurzem vor unserer Haustüre geschehen. Die Pfoten abzuschneiden und sie als Zeichen vor eine Wildbeobachtungskamera zu legen, überschreitet eine Grenze und erinnert an Drohungen, die die meisten von uns nur aus Mafia-Filmen kennen.