05.10.2015

Anmerkung zur Jagd auf Rehwild

Nachdem seit dem 1. Mai die Trophäen-Jäger mit dem Rehbock auf ihre Kosten kamen und auch so genannte Schmalrehe (Tiere, die im jeweils letzten Jahr zur Welt kamen) bejagt werden durften, ist die Jagdzeit seit dem 1. September auch wieder offen für Ricken (weibliche Rehe).  Unseres Erachtens ein viel zu früher Beginn der Jagdzeit, insbesondere weil die Muttertiere noch weit bis in den Oktober führend  - also in Begleitung von jungen Kitzen -  sein können. Ich selbst habe erst gestern Ricke und Kitz auf der Wildtierkamera festgehalten.

Die Chance, dass ein Jäger, der vom Hochsitz aus jagt (Ansitzjagd) und sein Revier mehr oder weniger gut kennt, eine führende Ricke als solche anspricht (erkennt) und entsprechend verschont ist noch relativ hoch. Ganz anders sieht es bei Treib- oder Drückjagden aus. Ein langjähriger Jäger schreibt dazu im Südkurier

„In dem kleinen Revier mit circa 150 Hektar hat das von Jagdhunden gejagte Rehwild bei einer dicht platzierten Schützenkette kaum noch Chancen, unbeschossen durchzukommen. Es ist für den Jäger schwierig, in Sekunden zu erkennen, ob es sich um eine Geiß (Ricke, weibliches Tier), oder ein Schmalreh (1,5 Jahre) oder um einen abgeworfenen Rehbock (Rehbock ohne Gehörn) oder um Rehkitze handelt. Daher kommt es vor, dass Fehlschüsse getätigt werden. Ein gezielter, schnell tödlicher Schuss, was des Jägers Pflicht sein soll, ist daher nicht immer möglich. Abgegebene Schüsse in Keulen, Läufe oder Weichteile bleiben nicht aus, das Rehwild erleidet dadurch erhebliche Schmerzen.“

Etwa zwei Millionen Tiere werden in Deutschland Jahr für Jahr nicht "weidgerecht" erlegt.
Bild: Michael Mayer

Zur Tierschutz-Relevanz stellte die Arbeitsgruppe Jagd und Wildtiere der TVT Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz schon 2011 fest:

„1. Ist das Wild in Bewegung sind tödliche Treffer viel schwieriger als bei stehendem Wild anzubringen; insbesondere bei ungünstigen Schusswinkeln und auf engen Schneisen. So wiesen bei Drückjagden in Hessen bei Rehwild ca. 30 % der männlichen und ca. 60 % der weiblichen Tiere Bauchschüsse auf (Krug, unveröffentlicht).
2. Flüchtendes Rehwild kann auf Grund der arttypischen Bogensprünge nicht sicher getroffen werden.
3. Der Einsatz von Hunden kann zu starker Beunruhigung vieler Wildtierarten führen. Besonders tierschutzrelevant ist, wenn Hunde gesundes Wild greifen.“


Allein diese wenigen Informationen aus dem Munde und der Feder von Jägern (auch der AK Jagd und Wildtiere der TVT ist mit Jägern besetzt) zeigt, wie kritisch die Jagd aus dem Blickwinkel des Tierschutzes betrachtet werden sollte. Und es sind lange nicht nur Rehe, die es mit schlecht schießenden Jägern zu tun haben. Wir gehen davon aus, dass bei ca. sieben Millionen Tieren (inklusive Katzen, Hunden, Rabenvögeln und vielen anderen Arten, die in der Statistik des Deutschen Jagdverbands nicht aufgeführt werden), die im Rahmen der Jagd getötet werden, etwa zwei Millionen Tiere (< 30 %) vor ihrem Tod erhebliche Qualen erleiden.