21.03.2010

Schreiben an den Ministerpräsidenten des Landes Sachsen Stanislaw Rudi Tillich (CDU) zur Fuchsprämie

Seit kurzem wird von den Behörden in Sachsen eine sogenannte Fuchsprämie für jeden erlegten Fuchs gezahlt. Ein Antwortschreiben des Bürgerbüros des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU), welches vom Arbeitskreis Tierschutz veröffentlicht wurde, zeugt von der großen Unkenntnis gegenüber den Erkenntnissen der Wildbiologie und des Tier- und Naturschutzes (http://www.arbeitskreis-tierschutz.de/Startseite/Artikel/Abschusspraemie.htm). Ich selbst wurde durch einen Newsletter von http://www.tatort-wald.de/ auf diesen Missstand aufmerksam gemacht.

Bitte werden Sie initiativ und senden Sie ein Protestschreiben per Brief oder per email an:
(Protestschreiben an Kurt Beck, MP RLP, folgt in Kürze)

An den
Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen
Herrn Stanislaw Tillich
Postfach
01095 Dresden

email: ministerpraesident@sk.sachsen.de

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Eben erfahre ich durch einen Pressebericht, dass in Ihrem Bundesland Kopf- oder soll ich besser sagen Ohrenprämien für Füchse ausgeschrieben sind.

Begründung sei die Gefahr der Übertragung des Fuchsbandwurmes auf den Menschen (1). Ferner beruft sich der Leiter Ihres Bürgerbüros, Herr Dr. Walter Siegemund, in einem öffentlich gemachten Standardschreibens darauf, dass zum einen eine Abschussprämie für Füchse Tradition (2) habe, ferner diese auch in anderen Bundesländern, z.B. Rheinland-Pfalz, ausgelobt sei. Darüber hinaus wird als Begründung angegeben, der Jäger habe ansonsten keinen Anreiz, Füchse oder “Raubzeug” zu schießen (3). Ferner behauptet Herr Dr. Siegmund, Jäger haben die Aufgabe, den Wildbestand zu regulieren (4), der Fuchsbestand könne sich aufgrund fehlender natürlicher Feinde nicht selbst regulieren (5), der Fuchs würde den Bestand von Hasen und Dachsen und anderem Niederwild schädigen (6) und er müsse aus Tierschutzgründen und um des biologischen Gleichgewichts Willen (7) gezielt bejagt werden. Weitere haltlose in dem Schreiben aufgeführte Begründungen will ich nun hier aus Platzgründen nicht ausführen. Das vollständige Schreiben finden Sie hier: http://www.arbeitskreis-tierschutz.de/Startseite/Artikel/Abschusspraemie.htm

Dass in Sachsen - wie in vielen anderen Ländern - für Füchse und andere ausgesuchte Arten überhaupt keine Schonzeiten bestehen ist an sich schon verwerflich und wird weder dem Tierschutzgedanken noch dem Grundgesetz gerecht. Dass aber Prämien für erlegte Füchse ausgelobt werden, und der Nachweis über abgeschnittene Ohren geführt wird ist nicht nur verwerflich, es ist ethisch nicht vertretbar in einer Zeit, in welcher moderne Maßstäbe von Natur- und Tierschutz gelten sollten.

Zu den mangelhaften Begründungen Ihres leitenden Mitarbeiters möchte ich wie folgt Stellung nehmen:

(1) Wie viele Fälle von Übertragung des Fuchsbandwurmes auf den Menschen hat es in Sachsen (in Deutschland) in den letzten Jahren gegeben? Welche wissenschaftliche Begründung gibt es dafür, wegen einer möglichen Ansteckungsgefahr des Menschen massiv Füchse zu jagen? Wie hoch ist der Fuchsbestand in Sachsen?

Es gibt unabhängige Studien der Universitäten Ulm und Stuttgart, welche zeigen, dass selbst Risikopersonen (Waldarbeiter, Förster etc) nicht am Fuchsbandwurm erkranken, obwohl sie bereits Kontakt mit diesem Parasiten hatten (Quelle: Kurt Eicher, Biologe). Diese Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen beweisen, dass eine ernstzunehmende Gefahr für den Menschen vom Fuchsbandwurm nicht ausgeht. Sollten Sie dennoch der Überzeugung sein, dass etwas gegen den Fuchsbandwurm unternommen werden muss, so gibt es die Alternative über Köder Impfstoffe auszubringen. Die Jagd auf Füchse zur Vermeidung der Ansteckung des Menschen mit dem Fuchsbandwurm verstößt gegen den Gedanken des Tierschutzgesetzes, denn es gibt keinen vernünftigen Grund dem Fuchs deshalb nachzustellen.

(2) Dass bereits in der DDR oder aktuell auch in Rheinland-Pfalz Fuchsprämien ausgelobt wurden und auch schon im Mittelalter den Füchsen nachgestellt wurde, ist doch bitte keine Rechtfertigung für eine keiner Ethik gerecht werdenden Herangehensweise Ihres Bundeslandes.

(3/4/5) Die Jäger benötigen keinen weiteren Anreiz, Füchse zu erlegen. Ein Großteil der Jäger - sicherlich nicht alle - sind reine Lust-Töter, es wird geschossen, was vor die Flinte kommt. Lesen Sie die einschlägigen Jagdzeitungen, hören Sie was auf Treib- oder Drückjagden oder am Stammtisch gesprochen wird - als einigermaßen sensibler Mensch kann man da nur entsetzt sein! Eine Ursache der angeblichen Überpopulation von Füchsen in Sachsen ist die Jagd selbst. Durch die Jagd werden die Sozialgefüge der ansonsten monogam lebenden Tiere geradewegs zerschossen. Das führt dazu, dass Füchse immer wieder das Revier wechseln und dort neue Partnerinnen befruchten. Damit wird nicht nur die ansonsten funktionierende Bestandsregulation unter Füchsen signifikant zerstört, auch führt es z.B. durch häufigere Sexualkontakte zu einer stärkeren Verbreitung von Krankheiten. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich selbst mit drastischen Maßnahmen die Fuchspopulation nicht reduzieren lässt. Niemand kann die Bestanddichte besser regulieren als die Füchse selbst. Stellen Sie die Jagd auf Füchse ein, denn was Sie da machen, hat weder Hand noch Fuß - es dient allein der Mordlust einer Minderheit von Jägern.

(6/7) Der Fuchs ist keine Gefahr für den Bestand des Niederwilds. Dass er Bestands gefährdend für den Dachs ist, ist lächerlich. Dann bitte zeigen Sie mir einen Fuchs, der einen gesunden Hasen stellt. Der Fuchs ist ein Allesfresser, seine fleischliche Nahrung bezieht er im Wesentlichen durch das Bejagen von Mäusen und krankem Niederwild. Auch Kaninchen stehen auf seiner Speisekarte. Aber in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet war der Fuchs nie die Ursache für die Gefährdung einer Tierart. Daher ist auch die von Herrn Dr. Siegemund angeführte Behauptung, der Fuchs müsse aus Tierschutzgründen bejagt werden, an den Haaren herbei gezogen. Das biologische Gleichgewicht erreichen Sie nicht durch die Bejagung des Fuchses, vielmehr würde das Pflanzen von Hecken und die Pflege von natürlichen Ausgleichsflächen dieses Ziel unterstützen.

Bitte setzen Sie sich mit dieser Argumentation auseinander, befragen Sie nicht nur die Jäger und der Jagd zugetane Experten … und lassen Sie sich nicht zu sehr von der mächtigen Jagdlobby beeinflussen.
 
Mit freundlichen Grüßen