Aktualisiert am 04.02.2017
Zunächst mag man denken, es sei ein Widerspruch – doch die Realität lehrt uns anderes. Die Anzahl der getöteten Wildschweine - die Jäger sprechen von der „Schwarzwildstrecke" - ist im langjährigen Durchschnitt trotz einer Intensivierung der Jagd kontinuierlich steigend.
Wurden in Deutschland im Jagdjahr 1990/91 noch etwa 212.000 Wildschweine im langjährigen Jahresschnitt zur Strecke gebracht, so waren das 25 Jahre später bereits 509.000, Tendenz steigend wie Rekordergebnisse von 2008/09, 2012/13 und 2015/16 mit jeweils über 600.000 toten Wildschweinen verdeutlichen. In den vergangenen 10 Jahren (2016) wurden in Deutschland weit über 5 Millionen Wildschweine erschossen.
Zunächst mag man denken, es sei ein Widerspruch – doch die Realität lehrt uns anderes. Die Anzahl der getöteten Wildschweine - die Jäger sprechen von der „Schwarzwildstrecke" - ist im langjährigen Durchschnitt trotz einer Intensivierung der Jagd kontinuierlich steigend.
Wurden in Deutschland im Jagdjahr 1990/91 noch etwa 212.000 Wildschweine im langjährigen Jahresschnitt zur Strecke gebracht, so waren das 25 Jahre später bereits 509.000, Tendenz steigend wie Rekordergebnisse von 2008/09, 2012/13 und 2015/16 mit jeweils über 600.000 toten Wildschweinen verdeutlichen. In den vergangenen 10 Jahren (2016) wurden in Deutschland weit über 5 Millionen Wildschweine erschossen.
Gründe für die starke Vermehrung der Wildschweine gibt es reichlich. So trägt der Klimawandel mit einer Häufung sogenannter „Mastjahre" dazu bei. Mastjahre bescheren dem Wild ein üppiges Angebot an Waldfrüchten wie Bucheckern und Eicheln und führen in den Folgejahren zu einer erhöhten Reproduktion. Hochrechnungen zufolge bringen Jäger dazu jedes Jahr etwa 125.000 Tonnen (!) Mais zum Anfüttern des Wildes in den Wald - zusätzlich zu dem Angebot unserer immer häufiger monokulturell angelegten Landwirtschaft, die den Schwarzkitteln mit riesigen Mais- oder Rapsfeldern übrigens eine prächtige Deckung bietet.
Die zuständigen Ministerien versuchen dieser Entwicklung mit einer seit Jahren zunehmenden Intensivierung der Jagd zu begegnen – bisher ohne Erfolg. Bei der Schwarzwildjagd gibt es in Deutschland kaum noch Tabus: Da werden revierübergreifende Gesellschaftsjagden mit Armeen von bis zu 300 Jägern und Treibern mit ihren Jagdhunden veranstaltet, das Jagen der für das Sozialgefüge so wichtigen Leitbachen - ob tragend oder nicht - propagiert, Frischlingsfallen aufgestellt, Tiere in der Winterruhe gestört, die Jagd des nachts mit Zusatzscheinwerfern erlaubt und Schonzeiten aufgehoben.
Der Umgang mit den Wildschweinen stößt auch im Kreis der Jägerschaft auf Akzeptanzprobleme und auf Widerstand. Für Erhard Bäder, den Geschäftsführer des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz, wird die Schwarzwildjagd zum Stress für seine Jäger. Andere beklagen die Wertung der Tiere als Schädlinge. Schon 2002 prangert Norbert Happ, der bekannteste deutsche Wildschweinkenner – selber Jäger – an: „Die Nachwuchsschwemme ist hausgemacht". Für die explosionsartige Vermehrung der Wildschweine seien die Jäger selbst verantwortlich. „Ungeordnete Sozialverhältnisse im Schwarzwildbestand mit unkoordiniertem Frischen und Rauschen und unkontrollierbarer Kindervermehrung sind ausschließlich der Jagdausübung anzulasten."
Zur Intensivierung der Jagd kommt eine Langzeitstudie von Wissenschaftlern um Sabrina Servanty, die 2009 im renommierten „Journal of Animal Ecology" veröffentlicht wurde, zu folgendem Ergebnis: Starke Bejagung führt zu einer deutlich höheren Fortpflanzung und stimuliert die Fruchtbarkeit bei Wildschweinen. In Gebieten, in denen wenig Jäger unterwegs sind, ist die Vermehrung der Wildschweine deutlich geringer, die Geschlechts-reife bei den Bachen tritt später und erst bei einem höheren Durchschnittsgewicht ein.
Prof. Dr. Josef H. Reichholf, der die Abteilung Wirbeltiere der Zoologischen Staats-sammlung München leitete, führt diesen Sachverhalt auch darauf zurück, dass in einem Gebiet in welchem durch die Jagd viele Tiere getötet werden, die Verbliebenen ein besseres Futterangebot haben. „Tiere, die gestärkt überleben, pflanzen sich im Frühjahr zeitiger und zahlenmäßig stärker fort", sagt Reichholf.
Es gibt zahlreiche Indizien dafür, dass die Schwarzwildjagd trotz oder vielleicht gerade wegen der intensiven Bejagung hinsichtlich ihrer Effektivität am Ende ist. Neben tierschutzrechtlichen und ethischen Bedenken stößt die Jagd auch an zeitliche und räumliche Grenzen.
Alternativ, verbunden mit der strikten Unterlassung jeglicher Fütterung und im Rahmen der üblichen Jagdzeiten im Herbst und Winter, könnte man in ausgewählten Regionen auch Empfängnisverhütung bei Wildschweinen vorsehen. Impfstoffe mit EU-Zulassung, die auch im Hinblick auf die Verwertung des Wildbrets unbedenklich sind, stehen im Bereich der Nutztierhaltung bereits zur Verfügung. Allerdings bedürfen hierzu einige Bereiche noch der wissenschaftlichen Begleitforschung. Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), Berlin, hatte sich mit diesem Thema bereits beschäftigt.
Weiterführende Links:
Empfängnisverhütung bei Wildschweinen
Prof. Dr. Josef Reichholf zur Jagd
Weiterführende Links:
Empfängnisverhütung bei Wildschweinen
Prof. Dr. Josef Reichholf zur Jagd