01.12.2011

Ohne stichhaltige Begründung: Jagdzeit Dachs - Offener Brief an Hessens Ministerpräsidenten

Mit den Stimmen von CDU und FDP wurde im Frühjahr des Jahres im Rahmen der Novellierung des Hessischen Jagdgesetzes auch die Jagdzeit für den Dachs verlängert. Wildtierschutz Deutschland e.V. wirft dem Hessischen Umweltministerium vor, den entsprechenden Gesetzentwurf nicht auf Basis einer erforderlichen Abwägung der Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme vorgenommen zu haben, sondern aus Gründen der Klientelpolitik: Der Landesjagdverband Hessen hatte die Verlängerung der Jagdzeit für Dachse gefordert. Eine stichhaltige Begründung für diese Maßnahme konnte von Staatsministerin Lucia Puttrich auf Anfrage nicht vorgelegt werden.



Nachfolgend ein offener Brief vom 30.11.2011 an den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier mit der Aufforderung, die Verlängerung der Jagdzeit für den Dachs zurückzunehmen:

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Unter Führung der Umweltstaatsministerin Lucia Puttrich hat der hessische Gesetzgeber vor der Sommerpause 2011 mit den Stimmen von CDU und FDP die Novellierung des Hessischen Jagdgesetzes beschlossen. Auf Bitten des Landesjagdverbandes wurde in diesem Zusammenhang – konträr zur Bundesjagdzeitenverordnung und zu den entsprechenden Verordnungen anderer Bundesländer -   auch die Jagdzeit für den Dachs von bisher 3 auf nunmehr 7 Monate verlängert. Während der Anhörung zum Gesetzentwurf vorgebrachte Bedenken des Tierschutzbeirats und diverser Natur- und Tierschutzorganisationen wurden im Rahmen der Gesetzesänderung ignoriert.

Begründet wird die Verlängerung der Jagdzeit seitens des hessischen Umweltministeriums lapidar mit dem Hinweis „Im Juli sind die Dachse sehr aktiv und können gut bejagt werden. …. Einer Verlängerung der Jagdzeit steht wildbiologisch nichts entgegen.“

Im Grundgesetz heißt es „… der Staat schützt die Tiere …“. Jede Gesetzesänderung, welche die aktuelle Situation von Tieren signifikant negativ beeinflusst, sollte deshalb nur nach sorgfältiger  Abwägung mit den Rechten Dritter (z.B. Eigentumsrechte) dann vorgenommen werden, wenn es die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme gerechtfertigt. Das ist in dieser Sache offensichtlich nicht der Fall.

Wildtierschutz Deutschland e.V. ist der Meinung, dass die von Hessen erlassene Regelung das Grundgesetz hinsichtlich des Schutzes der Tiere mit Füßen tritt. Die Begründung macht nicht einmal den Versuch, den gemäß Tierschutzgesetz geforderten „vernünftigen Grund“ auch nur ansatzweise darzulegen.

Unter dem Aspekt, dass es in Hessen weder die Möglichkeit der Popularklage noch ein Verbandsklagerecht in Tierschutzsachen gibt, entspricht diese Vorgehensweise unseres Erachtens einer gesetzgeberischen Willkür – selbst unter Berücksichtigung dessen, dass eine demokratisch gewählte Regierung diese Entscheidung mittels ihrer Mehrheitsverhältnisse im Landtag ermöglicht hat.
Wir fordern Sie deshalb auf, die Änderung der Jagdzeit für den Dachs rückgängig zu machen und sich ferner im Sinne der Demokratie für die Einführung eines Verbandsklagerechts in Sachen Tierschutz einzusetzen!

Mit freundlichen Grüßen
Lovis Kauertz, Wildtierschutz Deutschland e.V.“



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