Der Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen will über seine vermeintliche
Eigenschaft als „Tierschutzverein“ ein Verbandsklagerecht beim Land NRW
erstreiten, um bei Belangen des Tierschutzes (also zum Beispiel bei der
Einschränkung des Jagdrechts) stärker einbezogen zu werden. Begründet wird das
damit, dass Jagd und Tierschutz kein Widerspruch seien. So nachzulesen auf der
Webseite des Verbandes.
Dazu Lovis Kauertz, Vorsitzender von Wildtierschutz Deutschland:
„Tierschutz bedeutet Tiere zu schützen, davor, dass ihnen Schmerzen, Leid
oder Schaden zugefügt wird. In der Natur der Jagd liegt es aber, dass genau das
Gegenteil der Fall ist. So führt die Jagd mit Totschlagfallen zu schlimmsten
Verletzungen, Lebendfallen verursachen großem Stress bei festgehaltenen Tieren
und trennen häufig Jungtiere von Ihren Eltern; für die Jagdhundeausbildung
werden lebende Enten „verbraucht“, Junghasen totgebissen, Füchse gequält. Die
Baujagd gehört zu den perversesten Jagdmethoden. Bei dieser Jagdmethode wird
ein Hund in den Fuchs- oder Dachsbau geschickt, um den Bau zu sprengen und den
Fuchs vor die Flinte der wartenden Jäger zu treiben. Nicht selten werden dabei
jahrzehntealte Baue ausgegraben und ganze Fuchsfamilien gestreckt.
Ein anderes Verständnis von Tierschutz |
Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) macht darauf aufmerksam,
dass verschiedener Untersuchungen zufolge bei Gesellschaftsjagden auf
Wildschweine oder auf Rehe nur die wenigsten Tiere mit einem sofort tötenden
Schuss erlegt werden. Der weit größere Teil der Tiere wird zunächst durch
Bauch- oder Rückenmarksschüsse, durch Kugeln, die den Unterkiefer wegschießen
oder einen Lauf verstümmeln, schwer verletzt. Auch werden nicht alle Tiere bei
einer Nachsuche aufgefunden. Viele verenden irgendwo im Gebüsch.
Noch im Februar finden auf gefrorenem und schneebedecktem Boden große
Gesellschaftsjagden in Regimentstärke statt. Gerade in den Wintermonaten führt
das regelmäßig dazu, dass das in der Winterruhe befindliche Rehwild dringend
erforderliche Reserven auf der Flucht vor Hunden und Jägern verbraucht -
manchmal bis hin zur Erschöpfung.
Von "Tierschützern" erlegte Hauskatze |
Die Jagd ist nicht nur nicht Tierschutz gerecht, sie ist längst nicht mehr
zeitgemäß. Die Verantwortlichen haben es über Jahrzehnte versäumt - oder
sollte man besser sagen verhindert – die Regeln der Jagd an wissenschaftliche
Erkenntnisse und an gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen.
Es ist daher schon verständlich, der Öffentlichkeit jetzt weiß machen zu
wollen Jagd sei Tierschutz. Mit „tierschutzkonformer Beschaffung tierischer
Nahrungsmittel“, wie der Deutsche Jagdverband es vor einiger Zeit in einer
Meldung formulierte, hat die Jagd maximal am Rande zu tun. Der weitaus größte
Anteil der jährlich 5 bis 9 Millionen in Deutschland durch die Jagd getöteten
und häufig genug gequälten Tiere wird ohne weitere „Nutzung“ entsorgt.
"Tierschützer" mit seinem Opfer |
Seit den 1950er Jahren, als die aktuelle deutsche Jagdgesetzgebung aus der
Taufe gehoben wurde, hat es keine signifikanten Änderungen der Jagdgesetze im
Hinblick auf den Tierschutz und die seit Jahrzehnten vorliegenden
Forschungsergebnisse gegeben. Daran hat weder die Einführung des
Tierschutzgesetzes, welches die Jagd quasi als Ausnahme von der Regel
akzeptiert, noch die Änderung des Grundgesetzes hinsichtlich des Tierschutzes
etwas geändert.
Der Anteil der Jäger an der Bevölkerung beträgt zwar nur etwa 0,4 %, in der
politischen Szene aber sind sie überproportional vertreten und betreiben
erfolgreich ihre Verhinderungspolitik. Die Anerkennung des Verbandsklagerechts
für den Tierschutz für Jagdverbände wäre dafür ein weiterer Baustein.“