Mainz - Der Kormoran (Lat. Phalacrocorax carbo) ist gemäß den Artikeln 2, 5 und 6 der EG-Vogelschutzrichtlinie generell geschützt. Die Population des Kormorans darf somit durch Abschussgenehmigungen nicht in ihrem Bestand gefährdet werden. Ausnahmen von diesem generellen Schutz sind nur gemäß Artikel 9 der Richtlinie „zur Abwendung erheblicher Schäden an Fischereigebieten und Gewässern" zulässig.
Das unter Kurt Beck SPD-regierte Rheinland-Pfalz hat bereits in 2009 eine solche Ausnahme-geneh-migung erteilt. Angeblich seien Lachs, Äsche oder Aal durch den Kormoran bedroht. Stichhaltige Belege dafür gibt es aber nicht - wie es im übrigen auch keinerlei verlässliche Bestandszahlen zur Begründung der Nieder- oder Hochwildjagd gibt.
Vielmehr gibt es wissenschaftlichen Untersuchungen, die nachweisen, dass in natürlichen Gewässern (große Binnenseen, Flüsse, Küstengewässer), wo sich die weitaus meisten Kormorane aufhalten und Nahrung suchen, keine nennenswerten, geschweige denn erhebliche Schäden auftreten. Abgesehen von punktuellen Ausnahmesituationen an kleinen Fließgewässern gibt es auch keine wissenschaftlich belegten Nachweise darüber, wie und in welchem Umfang Kormorane das Vorkommen von Fischarten oder gar seltenen Fischarten beeinflussen.
Im Gegensatz dazu wurde bei vielen Untersuchungen in Bayern, Schleswig-Holstein, Brandenburg und der Schweiz ein paralleles Anwachsen von Kormoran- und Weißfischbeständen festgestellt. Rückgänge von Fischbeständen und Gefährdung einzelner Fischarten waren und sind dagegen primär auf Gewässerverschmutzung und -verbauung zurückzuführen.
Fischer betrachten den Kormoran als Jagdkonkurrenten nach Edelfischen. Tatsächlich fressen Kormorane aber nur wenige Edelfische, vielmehr ernähren Sie sich von wirtschaftlich unbedeutenden "Weißfischen". Gemäß NABU wurde dies durch wissenschaftliche Untersuchungen und Analysen von Speiballen (Ausscheidungen aus dem Magen) nachgewiesen.
Nach Auskunft der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie (Gnor) Rheinland-Pfalz gibt es gerade einmal 250 Brutpaare des Kormorans in Rheinland-Pfalz. Was also rechtfertigt den Abschuss von über 600 Kormoranen in der Jagdsaison 2009/2010? Die vom Ministerium als Scheinargument vorgebrachte Bestandsgefährdung seltener Fischarten scheidet den wissenschaftlichen Ergebnissen folgend aus. Auch wirtschaftlich hat die mit Millionen aus Steuermitteln geförderte Fischerei in Rheinland-Pfalz nicht mehr als marginale Bedeutung. Nach Auskunft des Bundeslandwirtschaftsministeriums gab es 2007 gerade mal 24 Haupterwerbs- und 12 Neben- und Zuerwerbsbetriebe, die in Rheinland-Pfalz der Fischerei nachgehen. Nur 1,3 % des deutschen Fischaufkommens aus Seen- und Flussfischerei und weniger als 1 % aus Aquakulturen kommen aus Rheinland-Pfalz. Am 15. August beginnt die nächste Jagdsaison!
Mehr zum Kormoran bei NABU
Die Rheinpfalz 30.07.2010
Die Rheinpfalz 29.10.2010: Kormoranjagd verfehlt ihr Ziel
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