Wohl aufgrund zahlreicher kritischer Leserbriefe hat die Waiblinger Zeitung dem Thema Fuchsjagd nun breiten Raum gewidmet, in welchem die Hintergründe auch aus der Sicht von Tierschützern und Jagdkritikern beleuchtet wird. Hierfür danken wir der Redaktion und dem Redakteur des Sonderthemas Herrn Nils Gräfe, insbesondere deshalb, weil die gesamte südwestdeutsche Presse bisher sehr einseitig aus der Sicht von Jägern berichtet hat. Bleibt zu hoffen, dass Medien wie Stuttgarter Zeitung, Schwarzwälder Bote, Südwestpresse, Schwäbische Zeitung und andere ähnlichen Mut haben, sich bald dieser Diskussion zu stellen.
Ein am 17.01.2011 in der Waiblinger Zeitung veröffentlichter Leserbrief bringt wesentliche, wissenschaftlich unterlegte Argumente gegen die Fuchsjagd auf den Punkt. Als Autor wir Dr. rer. nat. Altmann genannt:
„Schön, dass Nils Graefe dieses heiße Eisen angepackt hat und den Lesern hier objektiven Qualitätsjournalismus bietet. Als Rechtfertigung für ihr Tun verweisen die Hobbyjäger auf die fragwürdigen und international widerlegten Veröffentlichungen von Jagdwissenschaftlern und renommierten Raubwild/Raubzeug-Regulatoren wie Dr. Kalchreuter, Dr. Müller oder Dr. Spittler, deren simple These sich wie folgt präsentiert: Intensive Fuchsjagd = weniger Füchse = höhere Niederwildpopulation; reduziertes Tollwut-/Fuchsbandwurmrisiko = Arten- und Gesundheitsschutz! Diese These hat sich, dank langjähriger wissenschaftlicher Forschungsergebnisse in Freiland- und Gehegebeobachtungen, als schlichtweg falsch herausgestellt.
Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung:
Reproduktionsverhalten: In unbejagten Gebieten setzt sich die füchsische Familiengemeinschaft in der Regel aus einem Rüden, einer rangältesten Füchsin und einigen Füchsinnen aus dem vorjährigen Wurf zusammen. Nur die rangälteste Füchsin bringt Welpen (in der Regel 2-3) zur Welt, während die Töchter, obwohl reproduktionsfähig, sich lediglich an der Nahrungsbeschaffung und Aufzucht des Nachwuchses beteiligen. Durchschnittlich wurde festgestellt, dass sich etwa 60% der reproduktionsfähigen Weibchen nicht an der Fortpflanzung beteiligen (maximal 81%). Durch die Fuchsjagd brechen diese stabilen Sozialstrukturen auseinander, und jede reproduktionsfähige Füchsin beteiligt sich an der Fortpflanzung, und dies mit erhöhter Welpenanzahl (durchschnittlich 5-6 Welpen).
Wo ist der Föhn? Bild: G. Haensel |
Tollwut / Fuchsbandwurm: Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Tollwut nahm interessanterweise gerade in jener Zeit zu, in der die Fuchsjagd immer mehr intensiviert wurde. Aufgrund der füchsischen Populationsdynamik ist eine Eindämmung der Seuche mit jagdlichen Mitteln schier unmöglich. Die einzige erfolgreiche Vorgehensweise ist die seit Mitte der achtziger Jahre durchgeführte Impfköder-Aktion zur oralen Immunisierung der Füchse. Für den Fuchsbandwurm ist der Mensch in der Regel ein Fehlwirt, bei dem sich der Wurm allenfalls in Einzelfällen entwickeln kann. In Deutschland, mit ca. 82 Millionen Einwohnern, wurden im Jahr 2003 vom Robert-Koch-Institut in Berlin insgesamt 23 Erkrankungen gemeldet, die alle ERFOLGREICH behandelt werden konnten. Dem gegenüber stehen aber 40 tödliche Jagdunfälle im Jahresmittel. (Anm. Red.: Deutschland ist gemäß WHO seit 2008 frei von terrestrischer Tollwut, der letzte tollwütige Fuchs wurde 2006 bei Nierstein in Rheinland-Pfalz erschossen).
Niederwild / Bodenbrüter: Allgemein fallen weniger als 5% des Niederwildes oder der bodenbrütenden Vögel den verschiedenen Beutegreifern zum Opfer, während der Rest in variierenden Anteilen durch Landwirtschaft, Straßenverkehr und Krankheiten zu Tode kommt. Die Freizeitjäger bejagen also ausgerechnet jene gefährdeten Tiere, die aus diesem natürlichen Selektionsprozess als tauglich hervorgegangen sind und erzeugen somit – bedingt durch unzureichende Zuwachsraten – eine "Übernutzung "des Tierbestandes wie sie ein Beutegreifer nicht bewirken kann. Um diese "Übernutzung zu kompensieren, züchten die Jäger verschiedene Niederwildarten, die dann, obwohl in freier Wildbahn nicht überlebensfähig, zur Bejagung ausgesetzt werden. Jagdbuchautor Krebs berichtete seinerseits, dass dort, wo nach Tollwutepidemien einzelne Gebiete nahezu frei von Füchsen waren, die Hasenstrecken (Hasenabschüsse) keineswegs anwuchsen, dafür aber die Seucheninfektionen unter Hasen zunahmen.
Ein kurzer Blick in jagdfreie Gebiete, wie etwa in die deutschen Nationalparks in Berchtesgaden und im Harz, in den italienischen Nationalpark Gran Paradiso (I) oder den Schweizer Nationalpark, die niederländischen Dünengebiete, verschiedene urbane Gebiete Englands, den irischen Nationalpark Kilarney oder den kanadischen Prince-Albert Nationalpark, zeigt unmissverständlich, dass nirgendwo drastische Anstiege der Fuchspopulation, negative ökologische Folgen oder gar Schäden durch die Einstellung der Fuchsjagd gemeldet wurden.
Warum wird der Fuchs ohne Schonzeit das ganze Jahr von Hobbyjägern verfolgt und getötet? Noch nicht einmal vor hilflosen Fuchswelpen machen Hobbyjäger halt. Spaß am Töten und die Macht über wehrlose Opfer dürfte hier die vorrangige Triebfeder sein. Hier muss endlich massiv eingegriffen werden und das Leiden dieser wundervollen und nützlichen Tiere beendet werden. Jagd ist ein Hobby, sonst nichts.“
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